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- aus: Handbuch
- Religise Gemeinschaften
- Hg: Horst Reller und Manfreg Kieáig
- Gtersloh 1985, 3. Auflage
- S. 521-536
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- Zitate aus dem Handbuch sind nicht immer gekennzeichnet, da dies
- die Lesbarkeit zu sehr stren wrde. Diese Zusammenfassung bleibt
- (hoffentlich) recht nahe am Original.
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- Entstehung und Geschichte
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- Am 1.1.1958 grndet ein Hindumnch in Madras
- die "Geistige Erneuerungsbewegung" (Spiritual Regeneration Movement, SRM),
- um die Technik der "Transzendentalen Meditation" TM und ihre
- geistigen Grundlagen auf der ganzen Welt zu verbreiten.
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- Der Mnch mit dem Titel Maharishi ("groáer Weiser") Mahesh Yogi
- heiát eigentlich Mahesh Prasad Warma und ist angeblich am 12.1.1918
- geboren.
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- Legenden darber, daá er TM auf Wesiung seines Verstorbenen Lehrers
- zwei Jahre lang in einem Tal des Himalaya entwickelt habe, entsprechen
- nicht den Tatsachen. TM ist seine eigene Entwicklung.
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- Er beginnt eine Missionsreise, die ihn 1960 auch nach Deutschland fhrt.
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- In Indien findet er keinen Anklang, dafr aber besonders unter
- US-Studenten. Durch Angleichung an westliche Standarts und Bedrfnisse
- gelingt ihr 1970 ein gewisser Durchbruch.
- Man spricht 1972 von ber 100 000 Anhnger, 1976 sollen es ber 1 Mio
- sein.
- Seitdem nennt sie sich nicht mehr spirituelle Erneuerungsbewegung
- sondern Wissenschaft.
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- Groá angelegte Werbung, effektives Management und straffe Gliederung
- verhelfen der Organisation zum Erfolg. Seit 1972 ist der Hauptsitz in
- Seelisberg (Vierwaldsttter See), Schweiz.
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- 5 Teilorganisationen bilden sich:
- "Students International Meditation Society" (SIMS)
- "Spiritual Regeneration Movement" (SRM)
- "International Meditation Society" (IMS)
- "Maharishi International University" (MIU) (Privatuniversitt seit 1973)
- "Maharishi European Research University" (MERU) ist davon eine Filiale
- Weggis am Vierwaldsttter See.
- Beide zusammen entwickeln und verbreiten die
- "Wissenschaft der Kreativen Intelligenz" (WKI),
- so die Bezeichnung des Maharishi Mahesh Yogi fr seine Theorie.
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- 1960: Grndung eines Deutschen Zweiges
- 1967: Erffnung der "Akademie fr Persnlichkeitsentfaltung" in
- Bremen-Blumenthal.
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- An Zahlen soll es geben:
- 1972: 25 000 Anhnger in Deutschland
- 1976: 60 000 Meditierende in ca 90 Zentren.
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- 1975: Erffnung der "Waldakademie" in Schledehausen bei Osnabrck.
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- Gesellschaftlichen Einfluá versuchte die TM zu bekommen,
- indem sie z.B. durch IMS einer groáen christlichen Anstalt der
- Inneren Mission in Norddeutschland anbot, die Mitarbeiter
- durch Meditation fit zu machen.
- Seit 1975 verkndet Maharishi das "Zeitalter der Erleuchtung"
- fr die verschiedenen Kontinente.
- 1983 wurden in einer internationalen Anzeigenkampagne den Regierungen
- der Welt die "Lsung aller ihrer Probleme angeboten".
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- In einem "Siddhi-Programm" kann man angeblich "supranormale
- Fhigkeiten" wie Fliegen, Sich-unsichtbar-machen und durch-Wnde-gehen
- erlangen.
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- Seit 1983 gibt es in Heidelberg die "Deutsche Kulturstiftung"
- (Ziel: Grndung einer Universitt) um mit "Runenforschung"
- die gemeinsame Grundlage der germanischen und vedischen Religion
- zu erforschen.
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- Grundriá der Weltanschauung
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- TM arbeitet auf zwei Ebenen:
- offiziell gilt sie als weltanschaulich neutral und nichtreligis
- als reine Entspannungstechnik zur Erlangung gráerer Leistungsfhigkeit
- und Intelligenz.
- Dabei wird die zweite Ebene, der religise Hintergrund des Hinduismus
- bewuát verschwiegen.
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- Die Technik der TM
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- Es geht um "Bewuátsein" (Nicht: Selbstbewuátsein oder so!) als
- Verschmelzung von Atman und Brahman, was soviel heiát wie bereinstimmung
- mit dem Urgrund und Aufgehen des Individuum im Allgrund.
- ber verschiede Stufen kann der Geist zum Bewuátsein kommen:
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- 1. Zustand des Tiefschlafes
- 2. Traumbewuátsein
- 3. Wachbewuátsein
- 4. "Transzendentales" Bewuátsein (daher der Name von TM)
- 5. Kosmisches Bewuátsein
- 6. Gottbewuátsein
- 7. Hchstes Wissen, an dem die Einheit alles Lebens beschlossen ist.
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- Der Weg bis zur 7. Stufe wird mithilfe eines Mantras, einer Meditationssilbe
- in Sanskrit erreicht.
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- Angeblich ist es individuell ausgewhlt, aber in Wirklichkeit gibt es
- ncht mehr als 30 Mantras, die schematisch nach Alter und Geschlecht
- vergeben werden. Beispiele: "eing", "airam", "om". Im Hinduismus haben
- sie eine religise Bedeutung. Die Mantras mssen geheimgehalten werden
- und werden zweimal tglich je 15 Minuten in einer entspannten Sitzhaltung
- immer wieder wiederholt.
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- Anthropologie der TM
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- Die eigentliche Intention der TM liegt auf der religisen Ebene.
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- Die Welt ist letztlich unwirklich. Streá bedeutet, daá das Ich an etwas
- Unwirkliches Gebunden ist. Dabei gelten auch Mdigkeit und Spannung als
- Streá, ebenso wie alle physiologischen und psychologischen Strungen des
- modernen Menschen.
- Auf einer zweiten Ebene ist das Ziel der Meditationspraxis eine
- allseitige Entwicklung der Persnlichkeit hin zu Kreativitt und
- Entspannung.
- Auf der dritten Eben steht die Integration des menschlichen Daseins
- in das absolute Sein.
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- Der religise Hintergrund der TM
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- liegt klar in der religisen Tradition des Hinduismus.
- 1. Im Initionsritual, bei dem man das Mantra bekommt,
- werden die alten Hindugottheiten angerufen.
- 2. Der religionsphilosophische Rahmen der TM liegt in der
- Advaita-Lehre, auch wenn deren Forderung nach Askese in der
- TM nicht so erhoben wird.
- 3. Die Zentrale Funktin des Mantra in der TM weisen deutlich auf
- den indischen Tantrismus zurck. Wird das Tantra verraten, wendet
- es sich gegen mich.
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- Der universelle Anspruch der TM
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- Religionsgeschichtlich kann man TM als ein reduzierten Mantra-Yoga
- bezeichnen, mit dem die ganze Welt erlst werden soll.
- Ein "Weltplan" soll alle Bereiche des individuellen Lebens
- verbinden. Der "Maharechi-Effekt" besagt, daá der gesellschaftliche
- Gesamtzustand einer Region einen qualitativen Sprung mache, wenn
- nur EIN Prozent der Bevlerung dort TM praktiziere.
- TM gibt sich wissenschaftlich und allgemeingltig, hat diese
- Wissenschaftlichkeit nach westlichen Standarts bisher aber
- nicht unter Beweis stellen knnen.
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- Stellung zum Chrsitentum
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- TM knnen zu einem besseren Verstndnis des Christentums fhren,
- als dieses es selbst besitzt. Aus "kirchlichen" Bibellesern
- wrden "verstndige" Bibelleser.
- "Wo also die Bindung an das Christentum als eine geschichtliche,
- 'relative' Religion von der Erfahrung des Absoluten getragen wird,
- da wird sie von Maharishi Mahesh Yogi untersttzt. Von daher knnen
- viele TM-Meditierende sagen, subjektiv sicher ehrlich, durch
- Meditation sei ihnen ihre christliche Verwurzelung erst wieder
- bewuát geworden, und sie htten eine viel tiefere Gottesbeziehung
- gewonnen.
- Antichristliche TM-uáerungen wurden durch die indische Presse bekannt:
- man habe den "Dmon" Christentum im Lande der Veden erfolgreich
- aufgehalten.
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- Kirchenaustritt
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- wird nicht gefordert, kommt aber gelegentlich vor.
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- Mitgliedschaft
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- es gibt unterschiedliche Mglichkeiten:
- a) Eingefhrte, die ihr Mantra empfangen haben und nach
- Ablauf eines Jahres keinen Gebrauch mehr von der Organisation
- von TM machen.
- b) Weiterzahlende erhalten Schriften und werden zu Fortbildungen
- eingeladen
- c) Vor allem Jugendliche knnen in der Weltplan-Bewegung als
- vollzeitige Mitarbeiter dienen. Damit wird in der Regel eine
- Ausbildung zum TM-Leher verbunden sein.
- d) TM-Lehrer stehen in einem engeren Mitgleiderverhltnis. Sie sind
- in die volle Mitarbeit einbezogen und knnen Leiter in einem
- Weltplanungszentrum sein. Sie haben die Aufgabe, andere zu
- initiieren. Darber hinaus gibt es "Siddhas" und "Gouverneure".
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- Arbeitsweise
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- Netzfrmig: Jeder TM-Teilnehemr soll auf andere wirken. Klappt das,
- so wirkt das auch auf ihn zurck. Umgekehrt: Tut der Teilnehmer
- etwas fr sich, wirkt es auch auf andere. In diesem Sinne sucht
- TM eine mglichst weite Verbreitung.
- In der Werbung tritt TM meist durch anders benannte Unterorganisationen
- in Erscheinung. Sie geben sich "wissenschaftlich" und versuchen, ihre
- Veranstaltungen in Schulen, Volkshochschulen, kirchlichen oder
- anderen ffentlichen Rumen abzuhalten, um auch hier den gemeinntzigen
- wissenschaftlichen Charakter zu unterstreichen.
- Dabei sprechen sie geschickt die Bedrfnisse des modernen Menschen an:
- Gesundheit, Leistunsgfhigkeit, Lebensgenuá, Glck...
- Die Verbreitung durch persnliche Kontakte wird immer wichtiger.
- Besonders einfluáreiche Menschen des Mittelstandes zhlen zu den
- Anhngern.
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- Ist erst mal Interesse geweckt, dann luft ein festes Schema ab:
- zwei Vorbereitungsvortrge,
- ein persnliches Gesprch mit dem Lokalen TM-Lehrer,
- die Initiationszeremonie,
- drei Veranstaltungen zur vertiefenden Information und zur berprfung.
- Weitere Aufbau- und vertiefungskurse folgen.
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- Der TM-Lehrer wird nach einem bestimmten Schlssel an den
- Einfhrungsgebhren beteiligt; gleichzeitig werden ihm fr jede
- vollzogene Initiation "Kreditpunkte" gutgeschrieben, die zur
- Teilnahme an weiteren Fortbildungskursen berechtigen.
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- Zum Umfeld der TM-Bewegung gehren Institutionen und Firmen wie:
- "Deutsche Kulturstiftung" (Schnau bei Heidelberg)
- "Deutsche Kulturverlag"
- "Aar-Edition"
- "Europische Buch- und Schallplattenvertriebsgesellschaft"
- "WYMS - World Youth Movement for the Science of
- Creative Intelligence" (eingetragener Verein in Kassel)
- "IMS - Interantionale Meditationsgesellschaft" (Osnabrck)
- "Kuratorium fr eine ideale Kultur und Gesellschaft" (Knigstein/Taunus)
- 1984 wurde bekannt, daá eine Partei gegrndet werden solle:
- "Vertreter des Volkes - Die goldene Partei Deutschlands"
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- Kultische Veranstaltungen und Handlungen
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- Besonders die Initiation, zu der man Obst, ein reines Taschentuch und
- Blumen mitbringen muá, die dann als Opfer verwendet werden
- ("Dankbarkeitszeremonie"). Nur so kann das Mantra empfangen werden.
- Diese Mantra ist ohne Autorisierung durch Maharishi Mahesh Yogi nur ein
- leeres Wort.
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- Gre und Verbreitung
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- berall, wo starke Technisierung und Intellektualisierung vorherrschen.
- Besonders in Europa und USA.
- In Deutschland gelten 100 000 als initiiert.
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- Organisation
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- Straff hierarchisch gegliedert.
- Die TM lebt von Gebhren, Beitrgen, Spenden und Gewinnen,
- z.B. der Siddha Corporation (Mode und Schmuck), Unternehmensberatung usw.
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- Quellen
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- Maharishi Mahesh Yogi:
- Die Wissenschaft vom Sein und die Kunst des Lebens, 1966.
- ders:
- Bhagavad Gita, bersetzt und neu kommentiert, Kapitel I-IV, 1971.
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- Dartsellungen von TM-Lehrern/Sympatisanten:
- H.H.Bloomfield, M.P.Caine, D.T.Jaffe, R.B.Kory:
- Transzendentale Meditation, 1976.
- J.White: Alles ber TM - Transzendentale Meditation (TB), 1976.
- J.Robbins, und D.Fisher: Meditation - Glck in eigener Regie, 1973.
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- Literatur
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- Friedrich-Wilhem Haack:
- TM, (TB), 4. Aufl., 1980.
- Rdiger Hauth: TM - Neue Wege zum Heil? 1980
- Gorden R. Lewis:
- What Everyone Should Know About Transcendental Meditation, 1975.
- Michael Mildenberger:
- Die religise Revolte - Jugend zwischen Flucht und Aufbruch, 1979,
- S. 135-157.
- Michael Mildenberger/Albrecht Schll:
- Die Macht der sáen Worte - Zauberformel TM,
- die Bewegung der Transzendentalen Meditation, 1976.
- Reiter, Udo: Erlsung im Lotussitz? (TB), 1974.
- ders: Meditation - Wege zum Selbst, 1976.
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- Stellungnahme und Ratschlge
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- 1. Allgemeine Beurteilung aus christlicher Sicht
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- 1. TM ist weltanschaulich und religis nicht neutral.
- Zwar erscheint sie nicht als hinduistische Missionsgesellschaft,
- ihre Grundberzeugungen gehren aber zur Tradition des
- Hinduismus. TM ist entgegen ihrem Selbstverstndnis in die
- Reihe reformhinduistischer Erneuerungsbewegungen einzuordnen,
- die um westliche Motive erweitert wurden (z.B. Pathos der
- Wissenschaftlichkeit).
- 2. TM steht an wichtigen Punkten im Widerspruch zum christlichen Glauben.
- Der christliche Glaube versteht den Menschen anders: Die Person des
- Menschen ist gesehen am Gegenber zum DU, zur Person Gottes, an
- der der Mensch schuldig wird. Zur Existenz des schuldigen Menschen,
- dem Gott durch Christus Vershung und Liebe schenkt, gehren
- auch Krankheit, Leid und Tod. Von alledem ist bei TM nicht die Rede.
- Der christliche Glaube kann bei TM eine von vielen Religionen sein.
- 3. Zur Meditation gehren behutsame Seelsorge, fr die in den klassischen
- asiatischen Meditationsbewegungen feste Regel gehren. Der Ausbreitung
- willen hat Maharishi Mahesh Yogi dies weitgehenst geopfert.
- Die qualifizierte Begelitung des Meditierenden ist nicht gewhrleistet,
- weder vom Standpunkt hinduistischer Religiositt, nach aus
- westlich-psychologischer Sicht.
- Die Meditation bleibt meist oberflchlich. Bei labilen Menschen
- kann es zu Schdigungen kommen.
- Die versprochenen Ziele sind auch erreichbar durch andere
- Meditationstechniken wie Autogenes Training.
- Ein Christ sollte sich fragen, ob er nicht zu sehr an die Person
- der Maharishi Mahesh Yogi statt an Christus gebunden wird, wenn
- er TM betreibt.
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- 2. Vorschlge fr das praktische Verhalten
- gegenber der Gemeinschaft im Ganzen
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- c) Volle Zugehrigkeit zur Weltplangesellschaft oder Ttigkeit als
- TM-Lehrer vertragen sich nicht mit hauptamtlicher kirchlicher
- Ttigkeit.
- d) kirchliche Rume knnen TM nicht zu Verfgung gestellt werden.
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- 3. Vorschlge fr den Umgang mit einzelnen Mitgliedern
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- b) Auf Unterschiede zum christlichen Glauben hinweisen.
- Die mglicherweise starke Bindung an Mantra und Meister
- beachten. Es sind Vorgnge bekannt, wonach aus Angst vor dem Verrat
- des Mantras ein Meditierender vor einer Hypnosebehandlung
- Selbstmord beging.
- Man kann darauf hinweisen, daá auch in Gebieten mit mehr als
- 1 Prozent praktizierender TM-Anhnger der Mahareshi-Effekt bisher
- nicht eingetreten ist.
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- Anm.: Das Buch ist besonders an Pfarrer gerichtet, vor allem
- auch in den Ratschlgen. Ich hoffe aber, daá sich auch
- andere an diesen Hinweisen orientieren knnen. bk-)
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