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Text File  |  1992-01-10  |  13.5 KB  |  248 lines

  1.  
  2.  
  3. ***********************************************************
  4. Colin R. Sweet: K”nnen alle recht haben?
  5. aus: The Foundation Commentator (USA), Dezember 1988, S. 3-5
  6. (šbersetzung: H. Lasarcyk 1990)
  7. ***********************************************************
  8.  
  9. In unserer so unsicheren Welt herrscht grosse Verwirrung in der
  10. Frage nach der richtigen Religion. In der westlichen Welt f„llt
  11. besonders die christliche Religion durch eine paradoxe Situation
  12. auf. 
  13.  
  14. Von Menschen, die sich als Christen bezeichnen, h”rt man h„ufig die
  15. rhetorische Frage: "Wie k”nnen alle die konkurrierenden Kirchen
  16. recht haben, wenn man sieht, wie sich ihre Lehren und Auffassungen
  17. in so vielem widersprechen?" Diese Art Frage wird gew”hnlich
  18. gestellt, um die eigene Position zu verteidigen, denn sie soll zu
  19. der Schlussfolgerung fhren: "Es k”nnen einfach nicht alle recht
  20. haben. Darum kann nur eine Religion die richtige sein." Und diese
  21. sogenannte "eine wahre Kirche" ist dann immer gerade die Religions-
  22. gemeinschaft, der der Fragesteller angeh”rt.
  23.  
  24. Als Sttze fr ihre Argumente zitieren solche Leute meistens die
  25. Bibel. Sie weisen darauf hin, dass Christus sagte: "Auf diesen
  26. Felsen will ich meine Gemeinde bauen" (Matth. 16:18). Und der
  27. Apostel Paulus schrieb: "Ein Leib und ein Geist ... eine Hoffnung
  28. ... ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott als der Vater aller"
  29. (Eph. 4:4-6). Daraus schliessen sie, dass Christus nur eine einzige
  30. Kirche mit einheitlicher Lehre grndete, so dass die Antwort auf
  31. die Frage "K”nnen alle recht haben?" nur lauten kann: "Nein. Nur
  32. eine ist die richtige." Damit verschiebt sich das Problem auf die
  33. Frage, wie sich diese eine wahre Kirche herausfinden l„sst.
  34.  
  35. Wo - und was - ist die eine wahre Kirche?
  36. -----------------------------------------
  37.  
  38. Menschen, die diese Auffassung von der "einen wahren Kirche"
  39. vertreten und berzeugt sind, ihr anzugeh”ren, schliessen sich
  40. gew”hnlich gegenber ihrer Umwelt ab. Nur sie haben die Wahrheit.
  41. Nur ihre Kirche predigt das Evangelium. Nur durch ihre Gemeinschaft
  42. wirkt Gott. Alle anderen Kirchen und Gemeinschaften sind falsch und
  43. "vom Teufel". Deren Mitglieder haben sich t„uschen lassen und sind
  44. keine echten Christen, und darum werden sie auch nicht errettet
  45. werden, wenn sie nicht zu der "einen wahren Kirche" berwechseln.
  46. Nun behaupten aber so viele verschiedene Organisationen, die "eine
  47. wahre Kirche" zu sein, dass an diesem ganzen Ansatz einfach etwas
  48. nicht stimmen kann. Die Frage "K”nnen alle recht haben?" mag zwar
  49. sehr sch”n klingen, und die Schlussfolgerung, die daraus gezogen
  50. wird, h”rt sich zuerst vielleicht ganz vernnftig an, doch
  51. stichhaltig ist sie nicht. Es entspricht nicht der Logik zu
  52. folgern, dass nur eine Kirche die richtige sein kann, wenn sie sich
  53. alle widersprechen. Tatsache ist, dass sie alle falsch sein k”nnen,
  54. in unterschiedlichem Masse.
  55.  
  56. Das Problem des Konzepts von der "einen wahren Kirche" beruht zum
  57. Teil darauf, dass man den "einen Leib" des Neuen Testaments mit
  58. einer ganz konkreten menschlichen Organisation gleichsetzt, einer
  59. Kirche mit einem ganz bestimmten Namen. Unter dem "einen Leib"
  60. versteht man dann nichts weiter als die Gesamtheit der Einzel-
  61. personen, die sich einer ganz speziellen religi”sen Gemeinschaft
  62. verbunden fhlen. Dass auch Angeh”rige anderer, „hnlicher Organisa-
  63. tionen zum "einen Leib" Christi z„hlen k”nnten, ist ihnen einfach
  64. unvorstellbar. Nur Angeh”rige ihrer eigenen Gemeinschaft geh”ren
  65. dazu und niemand sonst. 
  66.  
  67. Im Neuen Testament wird die Kirche als "Leib Christi" bezeichnet.
  68. Das Bild des Leibes ist aber nur eine Analogie. Die Kirche wird
  69. auch als Tempel, als Braut, Nation, Haus, Priesterschaft bezeich-
  70. net. All dies sind Analogien, die im jeweiligen Zusammenhang auf
  71. eine bestimmte Wahrheit hinweisen.
  72.  
  73. Mit der Analogie des Leibes soll nicht gezeigt werden, dass die
  74. Kirche sich auf eine einzige menschliche Organisation beschr„nkt.
  75. Sie zeigt, dass die wahre Kirche aus Menschen besteht, von denen
  76. jeder eine pers”nliche, unmittelbare Beziehung zu Jesus Christus
  77. hat. Diese Menschen k”nnen verstreut in den entlegensten Gebieten
  78. der Welt leben; sie m”gen alt oder jung, Mann oder Frau, Jude oder
  79. Nichtjude sein, m”gen die verschiedensten Funktionen haben und ber
  80. ein h”chst unterschiedliches Mass an Verst„ndnis verfgen, doch in
  81. Christus ergeben sie alle gemeinsam einen geistigen Leib. Das
  82. Einssein ergibt sich aus ihrer Zugeh”rigkeit zu Jesus Christus (1.
  83. Kor. 10:16,17). 
  84.  
  85. Eine solche Analogie kann Christen als Ansporn dafr dienen, im
  86. Glauben und in der Praxis die Einheit anzustreben, doch ist damit
  87. keineswegs gesagt, dass die Einheit deswegen auch unbedingt
  88. erreicht werden wird. Sie zeigt nur, dass die Kirche ein geistiger
  89. Organismus ist, vereint in Jesus Christus, und sagt berhaupt
  90. nichts darber aus, ob dieser geistige Organismus sich auf eine
  91. bestimmte physische Organisation beschr„nkt. Ob man ein Teil des
  92. "Leibes" ist, h„ngt einzig und allein von der Beziehung ab, die man
  93. zu Jesus Christus hat, nicht von der Beziehung zu irgendeiner
  94. konkreten Gruppe.
  95.  
  96. Besteht der Christus geteilt?
  97. -----------------------------
  98.  
  99. Da die Kirche der Leib Christi ist und da die Christen heute in
  100. zahlreiche getrennte und oft miteinander wetteifernde Sekten und
  101. Gemeinschaften gespalten sind, fragen die Anh„nger des Konzepts der
  102. "einen wahren Kirche" mit Paulus: "Ist Christus etwa zerteilt?" (1.
  103. Kor. 1:13). Selbstverst„ndlich kann Christus nicht zerteilt sein.
  104. Und deswegen, so wird argumentiert, kann sein Leib nicht in
  105. verschiedene Stcke und konkurrierende Gruppen gespalten sein. Er
  106. muss in einer bestimmten Organisation zu finden sein. Gott ist kein
  107. Gott der Unordnung (1. Kor. 14:33), was er aber w„re, wenn er
  108. Menschen zu Christus beriefe und sie dann in verschiedenen
  109. Glaubensrichtungen verschiedene Dinge glauben liesse. Der eine Leib
  110. msse daher in einer Organisation zu finden sein, sagt man.
  111. Doch wer diese Frage in diesem besonderen Zusammenhang stellt,
  112. bersieht geflissentlich die Tatsache, dass "die Gemeinde Gottes in
  113. Korinth" (1. Kor. 1:2) tats„chlich gespalten war. Sie hatte sich in
  114. mehrere Fraktionen aufgespalten, die sich jeweils um einzelne
  115. prominente Prediger scharten und diese gegeneinander ausspielten
  116. (V. 12). Ihre Zusammenknfte waren gekennzeichnet durch Kliquen-
  117. wirtschaft und Parteiengeist (1. Kor. 11:18). Es gab viel Streit
  118. (3:3) und Unordnung (Kap. 14). Und dennoch konnte Paulus davon
  119. sprechen, dass die Gemeinde in Korinth zu dem einen Leib Jesu
  120. Christi geh”rte (1. Kor. 12:13,27). Trotz ihrer fleischlichen
  121. Zurschaustellung von Stolz und Spaltungen sagte Paulus zu ihnen:
  122. "Ihr alle seid zusammen der Leib Christi" (1. Kor. 12:27), bildet
  123. "einen einzigen Leib" (1. Kor. 10:17). Ob sie zu dem einen Leib
  124. geh”rten, hing also nicht davon ab, dass sie miteinander in
  125. šbereinstimmung waren.
  126.  
  127. Christus ist nicht mit sich entzweit, doch unter Menschen kommt das
  128. nur zu h„ufig vor. Die Spaltungen in der Gemeinde Gottes in Korinth
  129. waren von Menschen gemacht. Fr die Unordnung in der Gemeinde waren
  130. die Korinther selbst verantwortlich, und die heute bestehende
  131. Aufspaltung in Glaubensgemeinschaften ist zum Teil auf dieselbe
  132. fleischliche Art des Denkens zurckzufhren wie in Korinth. Sogar
  133. der Apostel Paulus, ein Mann, der so hart um die Einheit der Kirche
  134. gerungen hatte, geriet einmal mit Barnabas so scharf aneinander,
  135. "dass sie sich trennten" und jeder seiner Wege ging (Apg. 15:39). 
  136. Die Christen des Neuen Testaments waren Menschen von Fleisch und
  137. Blut wie wir auch. Es gab unter ihnen Streit und Gez„nk. Sie
  138. kannten Entzweiungen. Und doch „ndern Spaltungen und Meinungsver-
  139. schiedenheiten nichts daran, dass alle wahren Gl„ubigen immer noch
  140. "mit Christus ein Ganzes" bilden, "ein Leib in Christus" sind
  141. (R”mer 12:5). Wer zu Christus kommt, geh”rt demselben Leib an (Eph.
  142. 3:6) und hat Teil an demselben Geist (1. Kor. 12:13), auch wenn es
  143. nach aussen hin Spaltung und Trennung gibt.
  144.  
  145. Der Christus ist nicht zerteilt, und darum sollte es diese
  146. menschlichen Spaltungen nicht geben. Es gibt sie aber nun einmal,
  147. und das ist unsere Schuld. Doch ein Leib in Christus zu sein
  148. bedeutet nicht, miteinander in šbereinstimmung zu sein und zu
  149. derselben Religionsorganisation zu geh”ren. Es bedeutet, dass jeder
  150. "in Christus" ist. 
  151.  
  152. Spaltung der Gemeinde vorausgesagt
  153. -----------------------------------
  154.  
  155. Wir sind heute fast 2000 Jahre vom Ursprung des Christentums
  156. entfernt. In der Zwischenzeit hat es viel Ver„nderung gegeben, und
  157. die wahre Kirche ist nicht in einer bestimmten Einzelorganisation
  158. oder Gruppierung bewahrt worden. Viele Organisation kamen und
  159. gingen, begannen mit bestimmten Glaubenslehren und fingen dann an,
  160. diese im Laufe der Jahre zu „ndern und neue anzunehmen. Nach dem
  161. Zeugnis des Neuen Testaments sollte es so sein, dass die Gemein-
  162. schaft der wahren Gl„ubigen unter dem Druck der weltlichen
  163. Gegebenheiten zu leiden h„tte, von skrupellosen Predigern um deren
  164. pers”nlichen Profits willen ausgenommen werden und hart zu k„mpfen
  165. haben wrde, um inmitten eines falschen und verdrehten Christentums
  166. zu berdauern. 
  167.  
  168. Paulus warnte davor, dass Leute von aussen eindringen und die
  169. Gemeinde heimsuchen und dass andere aus ihrer Mitte falsche und
  170. neuartige Lehren zu verkndigen beginnen wrden, um Nachfolger fr
  171. sich selbst zu gewinnen (Apg. 20:29,30). Er sagte, die Menschen
  172. wrden vom Glauben abfallen, die wahre Lehre unertr„glich finden
  173. und sich fruchtlosen Spekulationen zuwenden (1. Tim. 4:1; 2. Tim.
  174. 4:3, 4). Petrus sagte, die Kirche werde von falschen Lehrern
  175. heimgesucht werden, die auf viele eine Wirkung haben wrden, und
  176. deswegen werde die wahre Lehre in Verruf geraten (2. Petr. 2:1, 2).
  177. Žhnliche Warnungen werden an vielen Stellen des Neuen Testaments
  178. wiederholt. 
  179.  
  180. Das Bibelbuch Offenbarung l„sst aus seinen Briefen an die sieben
  181. Gemeinden in Kleinasien erkennen, dass die Kirche in verschiedenen
  182. Gegenden unterschiedliche Probleme hatte und sich „usserlich und
  183. geistig in unterschiedlichem Zustand befand. Es gab Probleme mit
  184. falschen Aposteln, falschen Lehrern und falschen Lehren; einige
  185. verfhrten andere zur Snde. Manche Gemeinden waren geistig sehr
  186. regsam, andere lauwarm oder ganz ohne Lebenszeichen. Manche waren
  187. kalt und formal in ihrem Christentum und zeigten wenig Liebe.
  188. Einige waren arm und wurden grausam verfolgt. Anderen ging es
  189. blendend. Darin zeigt sich eine Kirche mit den unterschiedlichsten
  190. Gegebenheiten und Problemen, eine Kirche, die bisweilen falsche
  191. Lehren blossstellt, falsche Apostel berherbergt, manchmal sogar zur
  192. Snde verfhrt wird. Es ist eine Kirche, die einmal ein grosses
  193. Werk verrichtet und ein andermal berhaupt nichts tut; eine Kirche,
  194. die einmal schwere Zeiten durchmacht und ein andermal wohlhabend
  195. ist und ein bequemes Leben fhrt. Und aus der Offenbarung geht
  196. hervor, dass es das alles in der Kirche zur gleichen Zeit gab.
  197. Es f„llt auf, dass der Zustand in fnf der sieben Gemeinden so
  198. schlimm ist, dass sie zur Reue aufgerufen werden. Sollte das ein
  199. Hinweis auf den Zustand der Kirche als Ganzes sein, so nimmt es
  200. nicht wunder, dass die Christenheit sich frher wie heute mit so
  201. vielen Problemen herumschl„gt.
  202.  
  203. Das Neue Testament bietet uns nicht das Bild einer Kirche, die sich
  204. auf eine einzige Organisation beschr„nkt, die als einzige rein und
  205. unversehrt in einer abgefallenen Welt brig bleibt. Stattdessen
  206. sehen wir, dass die wahre Kirche zerrissen ist und von falschen
  207. Lehrern und Lehren geplagt wird, so dass der einzelne Christ vor
  208. der Aufgabe steht, diesem Druck von allen Seiten standzuhalten.
  209. Der Absolutheitsanspruch derjenigen, die an dem Konzept von der
  210. "einen wahren Kirche" festhalten, ist selbst ein Hauptgrund fr
  211. Spaltung und Uneinigkeit, denn diese Menschen grenzen alle aus, die
  212. ihre religi”sen Auffassungen gerade nicht teilen, und schotten sich
  213. gegen sie ab. Sie m”gen das als treues Festhalten und Bewahren der
  214. Wahrheit ansehen, und ganz sicher gibt es Zeiten, in denen man zu
  215. bestimmten Fragen klar Stellung beziehen muss, doch im allgemeinen
  216. fhrt dies zu einem ungesunden Dogmatismus bezglich Dingen, ber
  217. die man geteilter Meinung sein kann. Lehre und religi”se Praxis
  218. h„lt man fr wichtiger als die Liebe zu den Menschen und das
  219. Eingehen auf ihre Bedrfnisse. Diese Haltung verurteilte Jesus, als
  220. er sagte: "Ich will Barmherzigkeit und nicht Schlachtopfer" (Matth.
  221. 12:7).
  222.  
  223. Was folgt daraus fr uns?
  224. ---------------------------
  225.  
  226. Es mag logisch richtig sein, aus der Aussage "Alle Kirchen
  227. widersprechen einander" zu folgern, dass sie darum nicht alle recht
  228. haben k”nnen. Doch es entspricht nicht mehr der Logik, daraus zu
  229. schliessen, dass nur eine recht haben kann, und dieser Schluss ist
  230. auch biblisch nicht stichhaltig. Man braucht nur an die Geschichte
  231. der Kirche zu denken und sich an die vielen Warnungen im Neuen
  232. Testament zu erinnern, um zu sehen, dass es viel zutreffender ist
  233. zu sagen, dass sie alle  - mehr oder weniger - falsch liegen.
  234. Der einzelne Christ hat das Bestreben, ein Teil des Leibes Christi
  235. zu sein, doch gibt es auf Erden keine Organisation, die fr sich
  236. allein den Leib Christi darstellt. Dieser Leib bersteigt alle
  237. menschlichen Organisationen und Einrichtungen. Er l„sst sich nicht
  238. auf eine bestimmte, von Menschen gemachte Struktur beschr„nken. Er
  239. umfasst alle, die "in Christus" sind, und kann nicht begrenzt
  240. werden auf irgendeine Gruppierung, die einem Menschen oder einer
  241. menschlichen Einrichtung die Treue h„lt. 
  242. Das Wichtige ist, ein Teil des geistigen Leibes Christi zu sein.
  243. Das kann man nur, wenn man Christus Jesus selbst sucht und nicht
  244. irgendeine sogenannte "wahre Religion".
  245.  
  246. ****************** ENDE DER DATEI SWEET ************************
  247. 
  248.