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Text File | 1994-05-13 | 12.9 KB | 234 lines

Der folgende Text wurde der Zeitschrift Punkt 12/1987 entnommen.
Wir danken der Punkt-Redaktion, Catharinenstr. 1, 2190 Cuxhaven, und
der Bundes-Verlag GmbH, Witten, fr die freundliche Genehmigung zur
Ver”ffentlichung dieses Beitrags in der Mailbox des CREDO Essen e.V.
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Joachim Keden (Hrsg.):

                        PUNKT-Serie Jugendsekten


                         UNIVERSELLES LEBEN
                    HEIMHOLUNGSWERK JESU CHRISTI



                Berichte ber zwei ehemalige Anh„nger

Vladimir Peraic, der am 4. 8. 1984 an den Folgen einer unbehandelten
Tuberkulose und an Unterern„hrung (er wog bei einer Gr”áe von 1,85 m nur
noch 30 kg) starb. Er, der selbst als "Heiler" des "Universellen Leben"
in einer Offfenbarung der Prophetin aufgerufen worden war, lehnte fr sich
selbst, trotz des Wissens um seine Krankheit, jede „rztliche Behandlung
ab, vertraute auf die geistigen Heilkr„fte und glaubte, als sein Tod
absehbar wurde, daá dies gottgewolltes Schicksal sei und der Arzt keinen
Einfluá auf den Gotteswillen nehmen drfe.

Emma Dettelbach, 59, aus Kulmbach, wollte mit aller Konsequenz der Lehre
Christi im "Universellen Leben" folgen, spendete alle ihre Ersparnisse von
15.000 DM dem "Universellen Leben", kndigte ihre Arbeit, um sich ganz
engagieren zu k”nnen und war fortan fr ihren Lebensunterhalt ganz auf das
"Universelle Leben" angewiesen. Sie wurde am 24. 11. 1985 in einer
Scheune erfroren und unterern„hrt aufgefunden.

                        Grnder und Fhrer

Medium und Zentrum des "Universellen Leben" ist Gabriele Wittek (geboren
1933), heute in Wrzburg lebend, die sich als "Gesandte" oder "Dolmetsche-
rin Gottes" versteht und nach eigenen Angaben als "Seine Prophetin der
Jetztzeit" seit 1975 regelm„áig Wortoffenbarungen und Belehrungen von Jesus
Christus und von ihrem "Geistlehrer Bruder Emanuel", einem himmlischen
Engel, bermittelt bekommt. Diese Offenbarungen bilden den Inhalt der Lehre
des "Universellen Lebens"; die empfangenen Botschaften werden als Fort-
setzung alttestamentarischer und urchristlicher Prophetie verstanden, als
Gottes aktuelles Wort, dem die Bibel an Aussagekraft, Gegenwartsbezug und
Wahrhaftigkeit nachsteht. Gabriele Wittek stieá 1977 zu einer Gruppe von
Leuten, die "Innere-Geist-Kirche" hieá und in den ersten Jahren ihres
Bestehens nur in Bayern rege Aktivit„ten entfaltete.

                     Geschichte und Aktivit„ten

Seit 1982 hat die Gruppe ihren Aktionsradius auf die gesamte Bundesrepub-
lik, Teile des westeurop„ischen Auslands sowie einige L„nder in šbersee
ausgedehnt. Die Suchenden und Neugierigen aus allen Altersstufen und
sozialen Schichten zieht es zu sogenannten "Groáoffenbarungen", Vortr„gen
oder Meditationskursen. Tausende von Flugbl„ttern und Broschren werden
kostenlos abgegeben, alle Kurse und Vortr„ge sind unentgeltlich, in
groá-formatigen Zeitungsanzeigen und auf Plakaten wird auf die Veran-
staltungen aufmerksam gemacht und fr das "Universelle Leben" geworben.

Fr die Zukunft werden konkrete Pl„ne ge„uáert: Aufbau eines "Christus-
staates auf Erden" mit "Christuswohngemeinschaften", "-l„den",
"-werkst„tten", "-kinderg„rten", "-altenheimen", "-krankenh„usern" und
"-schulen". Seit sich Dr. Jens v. Bandemer, ehemaliger Chef der
Knorr-Bremse-AG (7400 Mitarbeiter, Jahresumsatz eine Milliarde DM 1985
fr das "Universelle Leben" entschied, seinen 71-Prozent-Anteil an der
Firma verkaufte und Teile seines Verm”gens dem "Universellen Leben"
spendete, stehen groáe finanzielle Mittel zur Realisierung der Ziele zur
Verfgung.

                        Lehre und Ziele

Das Lehrgeb„ude des "Universellen Leben" erschlieát sich erst nach
mhsamer Durchsicht der zahlreichen Schriften und Kassetten. In das
Glaubenskonglomerat aus bekannten Religionen mischen sich Astrologie,
Geisterglaube, Magie und Spiritismus; die Sch”pfungsgeschichte ist eine
Verbindung von vedischen und gnostischen Sch”pfungsmythen, christliche
Begriffe schmcken die Weltanschauung. Sie ist ein klassisches Beispiel
einer synkretischen Mischreligion.

H„ufig werden Bibelzitate (meist Christusworte) willkrlich interpretiert,
um nicht christliche Auffassungen damit - zu belegen, obwohl andererseits
die Bibel aufgrund der Prophetie in der Gegenwart als berholt und nicht
mehr als Maástab gilt. Sie wird nur noch als Teilwahrheit und zum gr”áten
Teil als Menschenwerk angesehen.

Dem unbefangenen Betrachter stellt sich diese Gruppe als christlich-mysti-
sche Neuoffenbarungsgruppe dar, die unter weitgehendem Verzicht auf
kirchlich-institutionalisierte Formen ein neuerwachtes Urchristentum
nach dem Vorbild der Bergpredigt - so mit eigenen Worten - praktizieren
will. Doch geht es letztlich nicht um Bibelstudium oder Entwicklung eines
christlichen Selbstverst„ndnisses, sondern um die Vermittlung der
"Offenbarung" der Prophetin des "Universellen Leben".

Die Lehre des "Universellen Leben" wird von der Vorstellung beherrscht,
daá der Mensch eingebunden ist in eine hierarchisch gegliederte Geist-
und Materiewelt, die noch in sieben "Lichtwelten" und ebensoviel
"D„monenwelten" unterteilt wird. Gedanken sind geistige Kr„fte, die in der
materiellen Welt Ver„nderungen ausl”sen, die anderen Menschen oder einem
selbst ntzen oder auch schaden k”nnen. Durch negative Gedanken werden
die "Schwingungsfelder" der Erde und die "Erdmagnetstr”me" gest”rt,
wodurch z. B. Naturkatastrophen oder Krankheiten ausgel”st werden
k”nnen. Weil der Mensch jedoch in seinem "verschatteten Bewuátsein" diese
Zusammenh„nge nicht erkennt, bietet das "Universelle Leben" Hilfe in Form
von g”ttlich offenbarten Belehrungen an: Meditation, Offenbarungs-
schriften, Geistheilungen.

Nach Gabriele Wittek besitzt jeder Mensch in seinem Inneren die "Christus-
energie" (= das Innere Wort). Unter dem "Inneren Wort" versteht das
"Universelle Leben" die geistigen Energien, die Jesus, der einen Teil der
g”ttlichen Urkr„fte besitzt, durch seinen Tod in die Seelen aller Menschen
gelegt hat. Die Erl”sung des Menschen und der Eingang, die Heimkehr in die
himmlischen Welten ist dadurch gesetzm„áig wieder m”glich; wenn durch
Meditation und Befolgen der vom "Universellen Leben" gelehrten Lebensricht-
linien diese Energien aktiviert werden, kann das Bewuátsein des "willigen
Schlers" auf dem Weg zu Gott auf eine h”here Stufe gehoben werden. Der
Meditationskurs des "Universellen Leben" gilt dabei sozusagen als
"Fahrstuhl" zur Vollkommenheit, zur Erl”sung von Karma und Wiedergeburt,
w„hrend die von ”stlichen Meistern gelehrten Wege und Meditationen nur
einer "Treppe" gleichen, auf der zwar g”ttliche Energien mobilisiert werden
k”nnen, aber nicht die zur Erl”sung notwendige Schubkraft von Jesus
Christus.

Mit dieser Anschauung verbindet sich der Glaube an die Reinkarnation
(=Wiedergeburt) der menschlichen Seelen, der christlich zu begrnden ver-
sucht wird. Die Befleckungen die der Žtherleib des Menschen in einer
Vielzahl von irdischen Existenzen erfahren hat (= Karma), verhindern die
Entfaltung der Christusenergien im Menschen und sind verantwortlich fr
die geistigen, seelischen und k”rperlichen Krankheiten.

Die Endzeit, die nach Ansicht des "Universellen Lebens" der Menschheit
unmittelbar bevorsteht, wird dadurch erkl„rt, daá am nahen Ende des seit
2000 Jahren andauernden Fischzeitalters die gesamte Sch”pfung "vom
Allgeist eingeatmet", d. h. aufgel”st und zu Beginn des zuknftigen
Wassermannzeitalters neu geschaffen werden wird. Die Seelen, die der Ver-
nichtung bzw. Umwandlung entgehen wollen, mssen bis zum Ende des
Fischzeitalters in die "ewig reinen Himmel" zu Gott zurckgekehrt sein.

In allen Schriften dieser Organisation wird groáer Wert darauf gelegt,
die Lehren mit den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaften in
šbereinstimmung stehend darzustellen und die Offenbarungen als naturge-
gebene, kosmische und geistige Gesetzm„áigkeiten verstanden zu wissen.
Dies soll durch "wissenschaftliche" Formulierungen wie "Urkraft",
"allgemeines Prinzip", "Urzentralsonne", "Seelenpartikel" und "gei-
stige Atomarten" belegt werden.

In den Meditationskursen sollen diese "geistigen Urkr„fte" und Energien
wieder revitalisiert und unter der g”ttlichen Fhrung gezielt bis zur
geistigen Vollkommenheit geschult werden. Unter Anleitung eines Me-
ditationslehrers sollen die Gl„ubigen ihr innerstes Erleben preisgeben,
um auf negative geistige Schwingungen hingwiesen zu werden und diese
durch "Gedankenkontrollen" und"Gedankenzucht" ausschalten zu k”nnen. Die
Seele und der irdische K”rper sollen durch hochschwingende meditative Worte
und K”rperbungen aufbereitet und angesprochen werden, zur Erzielung
einer allgemeinen Harmonisierung, wodurch der Mensch in eine h”here
geistige Schwingung versetzt wird, und er eine erste Kr„ftigung erf„hrt.
Auf dem "Pfad der Selbstverwirklichung", in der sogenannten "Intensivschule"
soll das Unbewuáte der Seele "durchlichtet", d. h. bewuát gemacht werden,
um negative Karma aus frheren Existenzen zu berwinden; die geistige Rei-
nigung der negativen Gedanken und Charakterzge erfolgt durch das "alles
verzehrende Christuslicht".

                         Destruktive Merkmale

Obwohl die Meditation in vielem an ”stliche Meditationspraktiken
erinnert, z. B. entsprechen die "Bewuátseinszentren" den indischen
Chakren, handelt es sich doch eher um eine Form der Suggestion und
Indoktrination, anzusiedeln zwischen Autogenem Training und Hypnose, und
scheint mit den eigentlichen Ideen und Zielen einer Meditation wenig zu
tun zu haben.

Durch die Verwendung "geoffenbarter" Meditationstexte und die Ausschaltung
des kritischen Denkens w„hrend der Meditation ist die Gefahr besonders
fr Jugendliche sehr groá, zu einer kritiklosen šbernahme der Lehren
verleitet zu werden. Durch die sogenannte "Gedankenkontrolle", d. h. die
Unterdrckung und Verdr„ngung jeglicher negativer Gedanken, wird, wenn
ber l„ngere Zeit betrieben, die F„higkeit zur Auseinandersetzung mit
Kritik und Zweifel verlorengehen oder zumindest erheblich beeintr„chtigt
werden (wie sich an verschiedenen ”ffentlichen Reaktionen des "Uni-
versellen Leben" aufzeigen l„át).

"Die vom ,Universellen Leben' gewollte wirklichkeitsfremde Harmoniesuche
kann im Alltag ... nur dadurch aufrechterhalten werden, daá das Indivi-
duum wesentliche Teile der realen Wirklichkeit fr sich ausblendet
oder uminterpretiert. Deshalb kommt es nicht selten zu deutlichen
Ver„nderungen der bisherigen Gewohnheiten, mit der Gefahr einer tiefgreifen-
den Desorganisation ... des Individuums. Dieser Prozeá tr„gt dazu bei,
daá der Mensch, nachdem er sein Arbeitsverh„ltnis aufgegeben und Kontakte
abgebrochen hat ... sich notgedrungen auf die Gemeinschaft des ,Universellen
Leben' hinorientieren muá, um Halt zu gewinnen. In diesem Prozeá liegt
die Gefahr eines Abh„nigwerdens begrndet." (Zitat: Alfred Spall,
Wrzburger Diplompsychologe).

Eine weitere Gefahr bedeuten die sogenannten "Geistheilungen", die zur
Verschleppung und Verschlimmerung von Krankheiten beitragen k”nnen. Durch
die strengen Di„tregeln bei h”heren Schulungsstufen (kein Fisch oder
Fleisch, keine Milchprodukte, wenig Nahrungsaufnahme) wird der K”rper
ohnehin fr Krankheiten anf„lliger.

Die Befreiung des Geistes vom "Materiellen" kann dazu fhren, daá
langj„hrige Anh„nger des "Universellen Leben" dieser Organisation
wesentliche Teile ihres Besitzes und Verm”gens bereignen. Darauf wird
offenbar durch entsprechende Meditationstexte gezielt hingearbeitet.

Die zun„chst nur lockeren Gruppenbindungen scheinen im Laufe der
verschiedenen Kurse enger zu werden - eine wichtige Voraussetzung fr den
weiteren Schulungs- und pers”nlichen Vervollkommnungsprozeá. Es ist
anzunehmen, daá viele, insbesondere einsame und alleinstehende
Menschen, dadurch in eine Art seelische Abh„nigkeit von dieser Organisation
geraten.

Eine Gefahr des Abh„nigwerdens fr Anh„nger der Prophetin wird auch in
der Art und Weise gesehen, wie das "Universelle Leben" vor der Nachl„ssig-
keit auf dem Weg der Christusnachfolge und vor der Abtrnnigkeit warnt.
Unmittelbare Drohungen werden gegen solche Menschen ausgesprochen, die
die Lehre eventuell noch kritisch hinterfragen, sich anderweitig
orientieren oder gar die Gemeinschaft aufgrund anderer šberzeugung wieder
verlassen wollen. Da die Prophetin, nach eigener Aussage, der zur Zeit
einzige Mensch auf Erden ist, der den Weg zur Vereinigung mit Gott
erfolgreich vorausgeht und den Zustand der Vollkommenheit erreicht hat,
sei sie selbst auch Beweis fr die Wahrheit dieses "einzigen Weges zur
Absolutheit". Demzufolge erhebt das "Universelle Leben" den Anspruch
der Unfehlbarkeit seiner Lehren, und so wird sich jeder Mensch, der den
von Gott gelehrten einzigen Weg zur Errettung der Seele verl„át, zu einem
Feind Christi machen und sich auf die Seite Satans schlagen. Wer wird solch
schwere Schuld und Gottesl„sterung auf sich nehmen wollen?




Nachdruck aus Joachim Keden,
"Sogenannte Jugendsekten", Aussaat- und Schriftenmissions- Verlag,
Neukirchen-Vluyn.