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- Kurzes Interview mit Dr. Peter Kittel im
- Rahmen einer Computersendung bei Radio
- Hamburg 17.05.95
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- RADIO HAMBURG INTERVIEW MIT DR. PETER KITTEL/ESCOM 17.05.95
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- Klaus Dieter Ackermann, Moderator bei Radio Hamburg,
- beschäftigte sich heute im Rahmen seiner Sendung "Online"
- mit dem Commodore Amiga. Höhepunkt der Sendung war
- sicherlich ein telefonisches Interview mit Dr. Peter
- Kittel, der - schon damals für Commdore beschäftigt - jetzt
- für Escom mit der Wiederbelebung des Amigas beschäftigt ist.
- Hier das komplette Interview. Klaus Dieter Ackermann wird
- im folgendem mit KDA, Dr. Peter Kittel mit DPK bezeichnet.
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- KDA: Herr Dr. Kittel, Sie haben für sehr sehr viele
- Anwender - das sind ja schon ein paar Millionen - einen
- Strohhalm wieder aus dem Wasser herausgezogen, haben gesagt,
- da dürft ihr euch alle wieder dran festhalten.
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- DPK: Richtig. Ich meine, sie müssen davon ausgehen, daß es
- in Deutschland ja auch eine große Commodore Niederlassung
- gegeben hat, mit vielen Mitarbeitern, die sich auch schon
- jahrelang mit dem Amiga beschäftigt haben, und da ist auch
- sehr viel Herzblut dringewesen, und wir sammeln jetzt gerade
- alle Leute wieder zusammen, daß wir den Amiga von
- Deutschland aus wieder eben zu voller Stärke aufleben lassen
- können. Es ist netterweise auch sehr viel Kompetenz hier im
- Lande, so daß wie also nicht bei Null anfangen müssen.
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- KDA: Nein, ich habe hier vier Computerfreaks, die das Gerät
- in- und auswendig kennen und sie haben ja vorhin
- wahrscheinlich meine Anmoderation gehört: was der Amiga
- heute - oder früher leistete, vor fünf, sechs Jahren, daß
- versuchen die PC's heute gerade mal so langsam in den Griff
- zu kriegen.
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- DPK: Ja, also wir sehen das immer mit Erstaunen, wir hatten
- eigentlich gar nicht so den Eindruck, daß wir so große
- Wunder vollbracht hätten damals, aber ein paar Sachen
- gibt's, die weder PC's, noch Mac's also richtig reibungslos
- nachvollziehen können.
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- KDA: Die bis heute noch nicht erreicht sind. Also ich habe
- gerade vor wenigen Tagen - sie werden sie sicherlich kennen,
- Carola Bode, mit ihr über die Situation gesprochen. Sie ist
- ja nun auch weg von Commodore und sie freut sich auch, daß
- das System wieder auflebt.
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- DPK: Richtig, ich meine das ist ja das tolle an der
- Amiga-Gemeinde, also auch auf der Firmen-Ebene, also auch da
- gibt es jetzt Querbeziehungen zur ganzen deutschen
- Mikrocomputer Geschäftsszene, so daß man also seine alten
- Bekannten hat. Also wir wissen jetzt besser denn je
- Bescheid, wie es bei unseren Konkurrenten aussieht.
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- KDA: Gut, jetzt wollen wir mal ein bißchen in die Zukunft
- blicken. Wann geht's los, wann gibt es die ersten Commodore
- wieder, oder welche Commodore wird es wieder in den
- Geschäften geben?
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- DPK: Also wir haben jetzt schon zwei Leute fest daran
- arbeiten, die also nichts anderes tun, als den ganzen Tag in
- der ganzen Welt herumtelefonieren, um die Produktion wieder
- in Gang zu bringen, um die ganzen Spezialteile, die man dazu
- braucht, aus allen Ecken der Welt wieder aufzutreiben. Das
- dauert ein bißchen, und man muß dann auch noch Fabriken
- finden, die uns dann die Boards bauen, weil das kann Escom
- bisher nicht. Escom hat ja bisher reine Assemblierung,
- sprich also fertige Platinen nehmen, die in Gehäuse
- einbauen, und Komponenten wie Festplatten und so etwas dazu
- anschließen. Solche Fertigung müssen wir also zur Zeit auf
- jeden Fall noch nach Auswärts vergeben. Aber da gibt es
- jede Menge Fabriken im Ausland, bei denen Commodore auch
- früher schon hat fertigen lassen. Und wenn da nichts
- dazwischen kommt, dann kriegen wir das auch wieder in Gang.
- Und der Zeitrahmen ist so, daß wir hoffen, im September die
- ersten Geräte wieder auszuliefern. Wenn ein bißchen nur
- dazwischen kommt, dann wird es auch später. Das heißt,
- versprechen kann man im Augenblick seriöserweise eigentlich
- gar nichts, aber sagen wir so, wenn alles gut geht, haben
- wir im September wieder die ersten Geräte draußen.
-
- KDA: Wie sieht's denn aus, in Braunschweig war ja eine
- große Produktionsstätte, ist die nicht verfügbar?
-
- DPK: Nein, die Produktion in Braunschweig ist schon seit
- mehreren Jahren geschlossen gewesen. Das war also in den
- den letzten Jahren nur ein Auslieferungslager mit
- angeschlossenem Service. Also auch diese Produktion gibt es
- nicht mehr. Aber auch Braunschweig in Anführungszeichen
- assembliert, hat also keine Boards gelötet. Insofern wäre
- das jetzt also auch kein Ausweg gewesen.
-
- KDA: Es gab ja ein großes Hickhack um die Übernahme,
- beziehungsweise ja den Verkauf oder Kauf von Commodore. Es
- hieß, ein japanischer Großhändler in der sogenannten braunen
- Ware will übernehmen, und dann hieß es wieder, niemand will,
- wer hat Interesse. Und plötzlich, wie der Phönix aus der
- Asche hieß es dann plötzlich über die Presseticker, Escom
- hat gekauft.
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- DPK: Ja, also jetzt im Nachhinein - ich war damals ja auch
- noch nicht bei Escom, ich bin das ja jetzt erst seit zwei
- Wochen - habe ich jetzt von den neuen Kollegen gehört, daß
- die Bestrebungen, Commodore zu übernehmen, tatsächlich schon
- seit über einem halben Jahr laufen. Man hat sich aber sehr
- geschickt verhalten, nichts durchsickern lassen, und dadurch
- andere, große potentielle Konkurrenten dadurch nicht wach
- gemacht, sonst hätten die womöglich etwas gemerkt und den
- Preis hoch getrieben. Also Escom hat da eine sehr gschickte
- Politik gemacht und anscheinend eine Menge Geld dabei
- gespart.
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- KDA: Richtig, sonst wäre wahrscheinlich der Preis wirklich
- nach oben gegangen. Man sagt ja ihnen nach, als Persona,
- daß sie als Kopfkissen einen C64 haben, als Zudecke einen
- Amiga. Sie kennen das System besser als teilweise die
- Entwickler.
-
- DPK: Nein, das ist nicht ganz korrekt. Ich muß gestehen,
- daß ich mit dem C64 zwar auch ein bißchen bekannt bin, weil
- er eben so ähnlich den alten CBM 8000ern ist. Ich bin mit
- Commdore zuerst mit einem PET 2001 zusammengestoßen, und
- später ein Freak von dem 8000er geworden. Und da der C64
- 90%ig ähnlich zu dem 8000er war, habe ich also auch für den
- C64 immer ein bißchen was machen können und mit ihm umgehen
- können, aber unter meinem Kopfkissen wäre höchsten so ein
- kleiner Amiga 1200 oder sowas.
-
- KDA: Ja, Herr Doktor Kittel, hier tobt das Leben, wir haben
- schon die ersten Fragen hier liegen, aber wollen wir erstmal
- noch kurz auf die Software kommen. Sie aktivieren jetzt ja
- auch die ganzen Programmierer wieder, wieder etwas für den
- Amiga zu tun.
-
- DPK: Da braucht man zum Glück gar nicht so viel zu
- reaktivieren, die haben alle Gewehr bei Fuß gestanden, und
- haben natürlich genauso wie wir selber die internationalen
- Datennetze verfolgt und sofort, als die Meldung durchkam, es
- ist wieder alles unter Dach und Fach, haben sie sich sofort
- wieder gemeldet. Auch unsere gesamte Infrastruktur. Wir
- haben ja ein internes elektronisches Netz für diese
- registrierten Developer gehabt, das ist nie eingestellt
- worden. Wir haben zum Beispiel in einigen Ländern
- Partnerfirmen gefunden, die diese Knotenrechner, die wir
- dafür brauchen, bei sich untergestellt haben, weil ja die
- jeweilige Commodore Niederlassung dann schon geschlossen war
- und auf dem Level ist das - auf kleiner Flamme, aber wie
- gesagt, alle in Bereitschaft - ist das sie ganze Zeit
- weitergelaufen, so daß wir jetzt aus dem Stand die ganze
- Geschichte wieder aufleben lassen können, und so
- weitermachen können, als wäre nichts geschehen.
-
- KDA: Gut, ein kurzer Satz zur Realisation. Ist es
- realistisch, daß wir sagen, in diesem Jahr gibt es die
- ersten Amigas in den Geschäften zu kaufen.
-
- DPK: Wie gesagt. Von uns aus, es wird also mit Volldampf
- daran gearbeitet, und derzeit absehbar - wenn nichts
- dazwischen kommt - im September und das Weihnachtsgeschäft
- möchten wir auf keinen Fall verpassen.
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- KDA: Das kann ich mir vorstellen. Wo wird's die Computer
- zu kaufen geben, die Amiga. Ausschließlich bei Ihnen, oder
- auch im normalem Fachgeschäft?
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- DPK: Nein, also die neue Amigafirma will sich in der
- Beziehung sehr von der alten Commodore absetzen. Es soll
- generell eine sehr liberale Politik eingeschlagen werden.
- Einerseits was den Verkauf angeht, sprich also jeder, der
- einen Amiga verkaufen möchte, kann den kriegen zum
- Verkaufen. Und wie es genau mit den Escom-Läden aussehen
- wird, ist noch nicht genau ausdiskutiert, aber ich gehe
- eigentlich davon aus, daß auch die Amiga-Computer kriegen
- werden. Und gleichzeitig, diese liberale Politik, die wir
- einschlagen wollen, soll sich auch auf so Sachen wie
- Lizenzen erstrecken. Sprich, also wenn jemand zum Beispiel
- einen Amiga-Kompatiblem Computer oder so etwas schönes wie
- einen Laptop bauen will - auf Amigabasis - kann er ab sofort
- die Lizenzen dafür bekommen, beziehungsweise auch die
- Spezialchips dafür beziehen, was ja früher von der alten
- Commodore immer strikt abgelehnt worden ist.
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- KDA: Richtig, wie wird es denn aussehen. Ich habe hier zum
- Beispiel eine Frage "wird es eine Steckkarte für den PC
- geben, die den Amiga simuliert, respektive emuliert"?
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- DPK: Wir sind zumindest darüber am Nachdenken. Man muß
- sich vergegenwärtigen, daß so eine Steckkarte ziemlich
- aufwendig wird, weil man doch praktisch einen dreiviertel
- Amiga auf so eine Steckkarte draufpacken müßte, damit es
- wirklich auch kompatibel funktioniert, sprich so ein Teil
- würde nicht allzu billig werden. Und dann wäre es eben
- nicht ganz sicher, daß das viele Leute auch kaufen würden.
- Also wir überlegen das, aber sicher versprechen kann ich das
- im Augenblick nicht.
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- KDA: Aber sie merken schon an der Fragestellung, daß viele
- schon mittlerweile einen PC haben, aber doch ihren Amiga
- immer noch schön verpackt stehen haben, für den Fall der
- Fälle. Also Sie haben eine große Fangemeinde, da bin ich
- sicher, und ich wünsche Ihnen wirklich alles gute und ich
- wünsche Ihnen, daß sie möglichst schnell mit dem Amiga
- wieder auf den deutschen Markt kommen, und die Anwenderschar
- wird ihnen - ich sag es mal ganz trocken - ja sicherlich zu
- Füßen liegen, und wird sich freuen, daß es endlich wieder
- aufwärts geht mit dieser Maschine.
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- DPK: Ganz unsererseits.
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- KDA: Gut, ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Abend,
- bedanke mich, daß sie da waren.
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- Anmerkung: Aufmerksame Leser mögen bemerkt haben, daß der
- Stil des ganzen natürlich nicht einer Presseerklärung oder
- etwas in der Art entspricht. Dies war ein Telefongespräch
- und dementsprechend verhielten sich beide Seiten.
- Ich würde mich freuen, wenn sich jemand finden könnte, der
- diesen Text ins Aminet legt. Ansonsten darf er natürlich
- nicht verändert und/oder kommerziell verwertet werden.
- Hamburg, 17.05.1995, Olaf Schaper. (eaa@escape.shnet.org).
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