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- Na endlich! Nach zaehen, mehrjaehrigen Verhandlungen mit der
- Wohnungsbaugesellschaft war der Antennenvertrag endlich unter
- Dach und Fach. Mein Herz huepfte vor Freude; endlich wieder
- qrv. Keinerlei Beschraenkungen durch den Vermieter, nur die
- eindringliche Ermahnung, mich im Stoerungsfall mit meinen
- Mitmietern (und das waren in unserem 14-geschossigen Wohnblock
- ueber 250 Mietparteien) guetlich ins Einvernehmen zu setzen.
- Sonst muesste man seitens der Gesellschaft nochmals ueber die
- Genehmigung nachdenken! So ein Unsinn; mit meinen 100 Watt war
- BCI und TVI so gut wie ausgeschlossen.
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- Die Antennenanlage wurde errichtet, und so zierte unseren Wohn-
- block bald ein 3 Element Beam nebst UKW-Langyagi. Die beiden
- Dipole waren flach ueber dem Dach gespannt und von der Straße
- aus fast nicht zu sehen. Jetzt konnte ich nach Herzenslust
- QSO fahren.
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- Das tat ich etwa eine Woche lang jeden Tag nach Feierabend und
- am Wochenende im weltweiten CQ-TVI-Contest in Phonie. Ueber
- 500 QSOs hatte ich schon gefahren, als es am Sonntag an der
- Haustuer klingelte. "Sie wuenschen?", fragte ich den etwas
- verlegen dreinschauenden Mann, der in Filzlatschen vor meiner
- Wohnungstuer stand. "Aeh, ja nun, ich haette da ein Problem."
- druckste er herum. "Da weiß ich nicht ob ich Ihnen helfen
- kann; das haengt von Ihrem Problem ab." sagte ich froehlich.
- "Na Ihnen gehoert doch die große Antenne auf dem Dach."platzte
- der Juengling heraus. "Seit die da oben ist, habe ich abends
- immer Stoerungen in meinem Fernseher; und jetzt am Wochenende
- fast den ganzen Tag." Das war es also. Ein eisiger Schreck
- durchfuhr mich. TVI, eine Horrorvision von Dutzenden gestoerter
- Mitmieter lief vor meinem geistigen Auge ab. "Na, so schlimm
- wirds schon nicht sein." hoerte ich mich sagen. "Ich sehe mir
- das mal an". Die Speichertaste wurde mit einer Testschleife
- geladen, der Sender lief, und wir fuhren mit dem Fahrstuhl in
- den 2. Stock, wo der Juengling ein 2-Zimmer-Appartement bewohnte.
- Sein Fernseher lief, und so schlimm fand ich das Bild gar nicht.
- Der rhythmisch flackernde Balken auf dem Gesicht des Nachrichten-
- sprechers stoerte eigentlich kaum.
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- Nach 11/2-stuendigen Entstoerversuchen durch Abblocken, Abschirmen
- und Abschalten konnte der Juengling wieder (fast) ungestoert fern-
- sehen. Nur im 2. Programm flackerte der Balken munter vor sich hin.
- Na gut, damit koenne er leben meinte (glaubte) er.
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- Eine Woche lang war Ruhe, obwohl ich weiterhin jeden Abend ueber
- die Kurzwellenbaender stromerte. Die aeltere Dame, die ich am
- Montag im Treppenhaus traf, wohnte im Erdgeschoß unseres Wohn-
- blocks. "Entschuldigen Sie, aber die Radarantenne auf dem Dach,
- das ist doch Ihre, oder?". Nicht schon wieder dachte ich und
- sagte: "Ja schon, aber.....?". "Wissen Sie," sagte die gute Frau,
- "ich kann Sie naemlich hin und wieder in meinem Fernseher hoeren;
- aber nur im ersten Programm." Na großartig; ich war gerade dabei,
- mir einige Argumente auszudenken, um der Frau das erste Programm
- auszureden, als unsere Nachbarin zu uns stieß. "Ach das ist ja
- gut, daß ich Sie treffe, aber ich glaube, daß Sie hin und wieder
- unsere mikroprozessorgesteuerte Waschmaschine außer Tritt bringen.
- Neulich in der Nacht um 02.00 Uhr ging der Schleudergang los, und
- die Frischwasserbefuellung schaltete sich ein; wir haben 4500
- Liter Wasser und Lenor aus der unter uns gelegenen Wohnung gepumpt.
- Der Spuk wiederholte sich uebrigens alle 21/2 Minuten.....". Ach
- du dickes Ding schoß es mir durch den Kopf. Das war mein Meteor-
- Scatter-QSO mit der Expedition nach Market Spleen gewesen. "Kein
- Problem meine Damen, das werden wir alles entstoeren" sagte ich
- mit fester Stimme.
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- Der Rest des Tages war damit ausgefuellt den Fernseher im 2. Stock
- mit Stanniolfolie auszulegen und die Steuerung der Waschmaschine
- unserer Nachbarn abzublocken. Zwischenzeitlich hatten sich noch
- weitere Mitmieter gemeldet, die die verschiedensten Stoerungen
- hatten. Im 7. Stock wurde beim Tunen auf 80m bei einem Mitmieter
- der Elektroherd abgeschaltet, dagegen hatte ich mit RTTY-Aus-
- sendungen auf 10m bei einer gewissen Frau Meisenzeisig im 12. Stock
- den Mikrowellenherd eingeschaltet. Dies war umso bedauerlicher,
- weil sich zu diesem Zeitpunkt der Hamster der guten Frau in diesem
- an sich nuetzlichen Kuechengeraet verkrochen hatte. Insgesamt
- waren 34 Fernseher, 136 Radios, 26 Videorecorder 3 Toaster und
- eine Sonnenuhr von mir gestoert. Aber irgendwie lassen sich ja
- bekanntlich alle Probleme loesen. Die 6 Mitmieter, die am Abend
- die Sportschau sehen wollten, schickte ich zu dem Juengling in
- den 2. Stock, denn dort war ja das erste Programm ungestoert zu
- empfangen. Den Besitzern von gestoerten Waschmaschinen kaufte ich
- fuer 6500,- DM Wertmarken fuer den Waschsalon an der Ecke und
- fuer die video-gestoerten Mitbewohner ließ ich im Erdgeschoß
- unseres Hauses ein Kino mit 220 Plaetzen einbauen. Dies war eher
- billig und kostete nur 450 000,- DM. Schlimmer war da schon der
- Fall eines Herrn Mueller-Luedenscheid der eine Maisonette im
- 13. Stock bewohnte. Die allabendlichen SSB-Aussendungen von mir
- im 80m-Band bewirkten bei dem armen Mann einen Total-Reset
- seines Radioweckers. Dies hatte zur Folge, daß Mueller-Lueden-
- scheid 14 Tage lang jeden Morgen verschlafen hatte und mit mehr-
- stuendiger Verspaetung zum Dienst erschienen war. Er wurde
- gekuendigt, worauf ihn seine Frau verließ, seine Kinder nach
- Neuseeland auswanderten und seine Katze verstarb. Aber ich hatte
- Glueck im Unglueck; er (Mueller-Luedenscheid) ueberlebte alle
- 3 Selbstmordversuche, so daß ich mit maximal 2 Jahren auf
- Bewaehrung zu rechnen habe.
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- Der Rest der Geschichte ist schnell erzaehlt. Fuer die Mieter
- deren Toaster gestoert war, bestellte ich jeden Morgen frische
- Broetchen beim Schlemmer-Party-Service, und fuer alle Kinder,
- die infolge TVI nicht mehr Sesamstraße sehen konnten, ließ ich
- einen Kindergarten bauen und engagierte 4 Kindergaertnerinnen.
- Um dies alles bezahlen zu koennen, beging ich 4 Bankueberfaelle,
- wurde 5 mal verhaftet und bekam 6 Jahre ohne Bewaehrung. Ich
- sitze jetzt, und mein Zellennachbar hat ein Transistorradio das
- den ganzen Tag dudelt. Irgendwie fuehle ich mich daher von meinem
- Nachbarn gestoert
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