home *** CD-ROM | disk | FTP | other *** search
/ Amiga ISO Collection / AmigaDemoCD2.iso / ASCII / TEXTE / JOKES / GERMAN / Computerreparatur < prev    next >
Encoding:
Text File  |  1995-06-26  |  10.2 KB  |  172 lines

  1.  
  2. HAENDE WEG VOM COMPUTER
  3. =======================
  4.  
  5. Angenommen, Ihr Computer hat nach endlosem Hin und Her die richtige
  6. Versorgungsspannung bekommen und er hat auch die anfaengliche Ueberlastung mit
  7. 220 Volt (statt der 110 V fuer die werkseitig eingestellt war) stillschweigend
  8. geschluckt. Sollte er bis zu diesem Zeitpunkt drei-, viermal aus Tischhoehe
  9. hart auf den Boden aufgeschlagen sein, so bewegt sich das durchaus noch im
  10. ueblichen Rahmen. Dies ist keineswegs der Grund fuer irgendwelche Mucken, die
  11. Ihr Liebling jetzt zeigt. Und bei irgendeinem Mangel sind Sie denkbar schlecht
  12. beraten, die Vetriebsfirma anzurufen und kleinlaut zu gestehen: "Er ist mir
  13. neulich ein paarmal runtergefallen - kann es davon kommen?" Jeder Vetriebsmann
  14. greift eine solche Suggestivfrage natuerlich dankbar auf und haut erbarmungs-
  15. los in die Pfanne: "Na klar kommt das davon; am besten bestellen Sie gleich
  16. einen Neuen!"
  17.  
  18. In Wirklichkeit gibt es aber zu diesem Zeitpunkt nicht den geringsten Anlass,
  19. die Flinte ins Korn zu werfen. Gehen Sie lieber mit ruhiger Ueberlegung an die
  20. Sache heran; Im Grunde genommen kann ja gar nicht viel kaputt sein. Und einer
  21. der probaten Wege (der allerdings weder vom Computer noch vom Verkaeufer gern
  22. gesehen wird) besteht darin, die verplombte Verschraubung aufzukratzen und das
  23. Gehaeuse zu oeffnen. Dieses Vorhaben beginnt man am besten mit dem festen
  24. Vorsatz, im Geraet selbst nur mal nachzusehen, ohne irgendwelchen frevelnden
  25. Eingriffe vorzunehmen.
  26.  
  27. Wenn sich dabei irgendeine Schraube im Verborgenen gegen die Gehaeuseoeffnung
  28. sperrt, hilft eine kleine Brechstange weiter, mit der man bekanntlich
  29. Baerenkraefte entwickeln kann. Sollte dabei die eine oder andere Ecke der
  30. Computerbehausung abbrechen, sollten Sie sich nicht irritieren lassen, denn
  31. fuer die elektrische Funktion ist dies hoechst bedeutungslos.Aus zwei Gruenden
  32. haben Sie sowohl eine rechtliche, als auch eine moralische Befungnis fuer eine
  33. derartige Inspektion: Erstens ist es IHR Geraet, das Sie gekauft und bezahlt
  34. haben (wenn auch auf abstottern); und zweitens staerkt ein solcher Kontakt das
  35. Zusammengehoerigkeitsgefuehl zwischen Ihnen und dem Mops kolossal, und
  36. mindestens darauf sollten Sie bei etwaigem Garantie-Geplaenkel hinweisen.
  37.  
  38. Der direkte Weg
  39. ---------------
  40.  
  41. Wenn Sie bis in die Tiefen des vor Ihnen liegenden, geoeffneten Computers
  42. vergedrungen sind, koennen Sie eigentlich nicht mehr sehr viel richtig machen.
  43. Fuer die eigentliche Inspektion gibt es dann prinzipiell drei verschiedene
  44. Arten, und Sie haben selbstverstaendlich die freie Wahl wie Sie sich in dieser
  45. Situation entscheiden wollen. Die primitivste Methode ist die des Dilettanten;
  46. der nimmt sich einen vorzugsweise plumpen Schraubenzieher (manche bevorzugen
  47. sogar einen Siebzehner-Schluessel) und klopft damit die einzelnen ICs ab. Er
  48. macht sich dabei gar nicht klar, dass er nach lose in den Fassungen sitzenden
  49. ICs sucht oder kalte Loetstellen aufspueren koennte; der Dilettant haut
  50. vielmehr wahllos drein und hofft, aehnlich dem Lotto-Tipper, auf den grossen
  51. Zufall. An sich ist das in beiden Faellen gar nicht so verkehrt, nur kommt
  52. meistens der Zufall einem erst dann zu Hilfe, wenn man laengst gestorben ist.
  53.  
  54. Und so endet eine solche "Fehlersuche" meist damit, dass irgendein IC oder gar
  55. die Leiterplatte beleidigt entzwei geht; flugs greift man dann zum laengst
  56. vorgeheizten Loeteisen (Dachpfannen-Loetkolben, versteht sich) und braet den
  57. Schaden wieder zusammen; sollte beim unvermeidlichen Reklamationsgespraech mit
  58. dem Verkaeufer die Sprache auf diesen angeblich unsachgemaessen Eingriff
  59. kommen, stellt sich diese Gruppe von Mikrocomputer-Enthusiasten so, wie sie
  60. ist, naemlich ganz einfach doof und da soll der Verkaeufer einem doch erst mal
  61. das Gegenteil beweisen (das Gegenteil von dem unsachgemaessen Gefummel). Mit
  62. dem noetigen dicken Fell bekommt man sein derart unbrauchbar gewordenes Geraet
  63. auch umgetauscht, was zumindest den Vorteil hat, es beim zweiten Anlauf besser
  64. zu machen.
  65.  
  66. Natuerlich tut man als Dilettant gut daran, jede weitere Reklamation bei einer
  67. anderen Niederlassung einzureichen.Ganz doof sind die Haendler nun auch wieder
  68. nicht, und den dritten verbratenen Computer innerhalb einer Woche nimmt Ihnen
  69. nicht einmal der Blindenhund der Computer-Schrott-Zentrale ab. Aber hierbei
  70. entwickelt man schnell das gewisse Mass an Fingerspitzengefuehl, das einem bei
  71. der eigentlichen Fehlerbehandlung gefehlt hat.
  72.  
  73. Ferndiagnose
  74. ------------
  75.  
  76. Alternativ hierzu koennen Sie sich natuerlich der Gruppe der ganz schlauen
  77. anschliessen. Die oeffnen ihren Mops zwar noch mehr oder weniger (meistens
  78. letzteres) fachgerecht, fassen aber nichts an. Das geschieht nun weniger aus
  79. Ehrfurcht als vielmehr aus blanker Angst, sie koennten einen gewischt kriegen.
  80.  
  81. Aber mit Worten sind diese Klugscheisser ganz dick bei der Sache, was sie in
  82. endlosen Fachgespraechen am Telefon dokumentieren: "In meinem Geraet sind zwei
  83. Fassungen voellig leer, kein Wunder, dass es nicht geht!" Oder: "Hier fehlen
  84. mit Sicherheit ein paar Bruecken, es ist hoechstens die Haelfte der
  85. vorgesehenen bestueckt!" Manche wollen es ganz genau wissen und reklamieren
  86. energisch, dass das IC 249 auf dem Schaltplan links oben, auf der Platine aber
  87. mitten drin zu finden ist.
  88.  
  89. Und nach diesem Schema kommen noch weitere Argumente, angefangen von einer um
  90. 1.5mV zu niedrigen Versorgungsspannung ueber einen Druckfehler auf dem IC
  91. ("Taywan" statt "Taiwan") bis hin zu ICs, die "falsch rum drin sind", weil die
  92. Beschriftung, von der Geraete-Vorderseite aus betrachtet auf dem Kopf steht.
  93.  
  94. An sich sind dies liebe Zeitgenossen, die durch ihre sach- und fachkundigen
  95. Kommentare belegen,dass sie zu Recht zu den Spezialisten Ihrer Sparte gezaehlt
  96. werden. Aeusserlich sind sie daran zu erkennen, dass sie lauthals verkuenden:
  97. "Da habe ich dem Verkaeufer erst mal auf die Spruenge geholfen; der hat doch
  98. gar nicht gemerkt, dass im Schaltplan ein Kommafehler war!" Und wenn jemanden
  99. auf so einfache Art geholfen werden kann, sind meist beide Seiten zufrieden,
  100. der Handel auf der einen und er Spezialkunde auf der anderen.
  101.  
  102. Wenn der Geist sprueht
  103. ----------------------
  104.  
  105. Viel schwieriger gestaltet sich der Umgang mit den selbsternannten
  106. Spezialisten, die erst einen muerrischen Blick auf den Schaltplan werfen und
  107. dann triumphierend verkuenden: "Das werden wir gleich haben!" Dieser
  108. Siegesschrei ergeht in Richtung weiblicher Haushaltsvorstand, weil von dort
  109. schliesslich erkleckliche Mittel fuer die Anschaffung des sturen Computers
  110. bewilligt worden sind. Und nun ist man im Zugzwang, denn man muss zumindest
  111. beweisen, dass man das Ding anwerfen kann. Wenn es danach infolge von
  112. Untauglichkeit wieder weggeworfen werden muss wird das bei niemandem Erstaunen
  113. hervorrufen.
  114.  
  115. Also geht der Spezi zuerst einmal daran, die Gatterfunktionen zu optimieren,
  116. schliesslich hat er doch fuenf Monate lang Karnaugh-Veitch-Diagramme studiert
  117. und versteht etwas von seinem Fach. Die freien Gatter in einem IC werden mit
  118. anderen verkuepft, die Bahnen umgelegt und ueberfluessiges ausgeloetet. Nach
  119. dem Motto:Die direkte Verdrahtung verkuerzt die Laufzeit der Signale, was noch
  120. niemandem geschadet hat. Erst wenn sich nach intensivem Optimieren noch kein
  121. nachhaltiger Erfolg eingestellt hat und aus der Kuechentuer oefter als
  122. gewoehnlich ein dumm fragendes Gesicht herausschaut, beginnt die
  123. Re-Optimierungsphase, bei der ein dem urspruenglichen Zustand aehnlicher
  124. Ruestzustand hergestellt wird.
  125.  
  126. Wenn dabei hin und wieder ein IC (unter Spannung) verkehrt herum eingesetzt
  127. wird, und es dies wuetend mit gellender Hitze quittiert, ist auch dies kein
  128. Grund zur Besorgnis. Seien Sie getrost, so ein Ding ist ein wahres Wunderwerk,
  129. das weit mehr aushaelt, als es der Hersteller in seiner bescheidenen
  130. Untertreibung spezifiziert hat! Sollte Ihnen der Reparatur anlaesslich der
  131. Garantie-Reklamation mit Ausdruecken wie "total verbraten" oder "Russ auf der
  132. Platine", dann fragen Sie mit Unschuldsmiene zurueck, ob er noch nie was von
  133. ICs gehoert habe, die bereits beim Einloeten kaputt waren.
  134.  
  135. Wie sag ich es dem Verkaeufer
  136. -----------------------------
  137.  
  138. Gleichgueltig, zu welcher der genannten Gruppen man sich hingezogen fuehlt,
  139. wird man nicht umhin kommen, seinen unwilligen Mops einzupacken und zum
  140. Verkaeufer zu traben. Man tut gut daran, sich ein paar Argumente und
  141. Redewendungen zurechtzulegen, denn die sind mit allen Wassern gewaschen, diese
  142. Spezis.Die erste Frage beim Betreten des Ladens sollte die nach einem Fachmann
  143. sein; es geht naemlich die Maer, dass sich in der Computer-Branche mehr
  144. gescheiterte Existenzen aus der Damen-Oberbekleidung tummeln als irgendwo
  145. anders, und diese Neu-Fachleute filtert man eben durch gezieltes Fragen von
  146. denen heraus, die als alte Hasen schon sechs Wochen und laenger Computer
  147. verkaufen. Auf ihre anfaenglich ruhig vorgetragene Reklamation, das Ding "gehe
  148. nicht" erhalten Sie meist die vorschnelle Antwort: "Den haben Sie ja gar nicht
  149. bei uns gekauft!" Damit sollen Sie abgewimmelt werden, verstehen Sie? Aber da
  150. muessen Sie ganz cool (Fachausdruck fuer "kaltkoepfig") bleiben und auf Ihrem
  151. Recht beharren. Dann kontert Ihr Gegenueber auf folgende, linke Tour: "Da sind
  152. ja Neck-PROMs drin, und wir setzen nur Mischibischi-Typen ein!" Es durchzuckt
  153. Sie heiss, weil Sie beim Rueckruesten offenbar in die falsche Kiste gegriffen
  154. haben, aber dennoch geben Sie schlagfertig zurueck: "Kann ich doch nichts
  155. dafuer, wenn Ihr in Eurem Laden so schlampert seid!" Ein anheben der Tonlage
  156. und eine leichte Drohgebaerde erleichtern es Ihnen, Ihr Anliegen durchzusetzen
  157. denn man will um keinen Preis Aufsehen im Laden haben, weil das Geschaeft
  158. sowieso nicht besonders geht.
  159.  
  160. Zufrieden lassen Sie Ihren Liebling im Laden stehen, die (muendliche)
  161. Beteuerung des gesamten Personals noch im Ohr, man werde sich um schnellste
  162. Instandsetzung bemuehen. Wer derlei Gerede kritiklos hinnimmt, ist letzlich
  163. selber Schuld; denn oft ist ein solches Bemuehen genauso effektvoll als wenn
  164. im fernen China ein Reissack umfaellt; Man hat eben nicht viel davon.
  165.  
  166. Und "schellstens" ist in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass es
  167. (eventuell) am Ende der Woche fertig ist; gemeint ist aber nicht die laufende
  168. Woche, sondern irgendeine Woche des Monats, und wenn es das Unglueck will,
  169. dann liegt dieser Monat in einem Schaltjahr - aber all das weiss zu diesem
  170. Zeitpunkt der Reparaturannahme noch keine Menschenseele, und wenn es eine
  171. wuesste, so wuerde sie schweigen!"
  172.