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1997 - Das Jahr der Wende ?
Ist Techno tod ?
Wir schreiben das Jahr 1997 und blicken auf eine Ära, der schon
mehrmals der Tod vorausgesagt wurde und nicht eintraf - die Rede ist
von Techno. War Techno noch in den Geburtstunden 1989/90 in den
Anfängen von Tricky Disco, LFO, GTO, Orbital und einigen anderen Acts,
entwickelte es sich im Laufe einiger Jahren, entgegen der Prognosen,
von der Untergrund-Scene zum Massenmedium. 1992 schossen deutsche
Techno-Acts und Labels wie Pilze aus dem Boden und es entwickelte sich
ein neuer Begriff - Rave. Durch Techno entstanden in den letzten
Jahren sehr viele Musikbereiche, unter anderem Goa, Hardcore, Gabber,
Jungle, Trance, Ambient, Acid und alle Arten von Progressive. Techno
wurde somit zum Überbegriff des gesamten Rave und House-Bereiches.
1988 entsteht die erste ACID-Scene und formt sich im Laufe von 2
Jahren zu einer Techno-Scene, die sich hauptsächlich in der
Underground Scene bemerkbar macht. Die Höhepunkte der Rave-Aera fanden
in den Jahren 1992-1995 statt, bei Massenveranstaltungen bis zu 25.000
in Hallenevents und Open Air Bereichen. Nebenher brachte die
Love-Parade die Techno-Community weltweit zusammen und schaffte
letztes Jahr eine Rekord-Besucherzahl von 750.000 Teilnehmern!
Und jetzt kommt jemand daher und meint: Techno ist tot! Ist er das
wirklich?
Hier die wichtigsten Facts was für und gegen Techno spricht:
Techno ist tot:
- Alle Bereiche im Rave-Bereich wurden ausgeschöpft, es gibt nicht mehr viel Neues zu hören.
- Viele Techno-Label haben bis heute Pleite gemacht oder teilweise knallhart auf neue Musikrichtungen gewechselt.
- Viele Techno-Acts haben in das kommerzielle Musiklager gewechselt oder experimentieren in anderen Musik-Bereichen (Drum&Bass, Elektro, Ambient, Breakbeat, Independent, Hardcore)
- große Hallenevents werden durch die Überflutung der letzten Jahre von der Rave-Gemeinde gemieden.
- Techno-DJs haben weniger Aufträge bei immer weniger stattfindenden Events.
- Immer weniger neue Techno-Acts werden auf dem Musikmarkt veröffentlicht.
- Die Rave-Generation der letzten Jahre interessiert sich für andere Musikrichtungen.
- Viele Veranstalter schrecken vor neuen Rave-Events zurück, aus Angst vor einer Niederlage.
- Drum&Bass und Jungle versucht durch einen neuen Musikmarkt Techno zu verdrängen.
- Die Medien unterstützen viele Vorurteile gegenüber Techno und erklären bereits 1996 Techno den Tod.
Techno lebt weiter:
- Veranstaltungen wie Mayday, Rave City, Love Parade, Union Move zeigen ein weiteres reges Interesse der Rave-Gemeinde.
- Techno wird durch die Bereicherung von vielen neuen Musikelementen aufgefrischt und findet einen neuen Weg.
- Progressive zeigt neue Bewegungen im Techno-Bereich.
- Neue Bereiche von Indie bis zu Heavy Metal werden zu technoiden Klängen vermischt und verschmelzt.
- House und Techno verschmelzen immer mehr miteinander und schaffen neue Bereiche und Wege.
- Acts wie Carl Cox, Sven Väth, Laurent Garnier, Westbam zeigen bis heute noch ungeahnten Erfolg bei ihren DJ-Auftritten.
- Durch die Eingrenzung von Techno-Events und weniger Erscheinungen auf dem Musikmarkt schafft man wieder qualitativere Techno-Musik. Die Techno-Scene wird dadurch wieder ausgesiebt und übersichtlich. Techno Events finden endlich wieder in kleineren C
lublocations statt.
Letztendlich haben es die Plattenfirmen, Medien und die Veranstalter
selbst zu verantworten, ob es Techno weiterhin geben wird. Daß ein
weiteres Interesse der Comunity vorhanden ist, zeigt bis heute ein
entsprechender Umsatzmarkt bei den Tonträgern und bei diversen
Techno-Events.
Gerade durch die Aussiebung von vielen neuen Techno-Acts zeigt
endlich, daß man Techno nicht zum Massenmedium verdammen soll, sondern
das es eine Kultur für sich ist. Das zeigen unter anderem neue und
alte Acts, die weiterhin innovativ an neuen Tracks arbeiten, die sehr
hochwertig sind.
Durch die Überflutung von zu vielen Musikerscheinungen der letzten
Jahre, war es natürlich abzusehen, daß man kaum noch einen Track von
dem anderen unterscheiden konnte. Die Qualität vieler Techno-Tracks
wurden immer schlechter und oberflächlicher. Durch die Überschwemmung
auf dem Musikmarkt wurden die Leute durch den Sound "übersättigt" und
ein "Laie" konnte gute Techno-Musik kaum von schlechter Musik
unterscheiden.
Die Kommerzschiene nutze es natürlich aus, um "Robert Miles und Co."
für die breite Masse zu begeistern, mit Begriffen wie "Dream-House".
Das Jahr 1996 war bereits für viele Acts zur "kreativen Ruhepause"
geschaffen worden, um sich für neue Wege zu öffnen. Man
experimentierte mit neuen Musik-Elementen und versuchte damit den
Begriff "Techno" zu umgehen.
Die Wiederauferstehung des Rap, HipHop und Soul und die neue
Musikrichtung Drum&Bass vertreiben Techno am Umsatzmarkt der deutschen
Musikscene. Zusätzlich schaffen diverse Boygroups eine eigene
Fangemeinde der neuen Generation. Zugleich greifen viele Ex-Raver in
die Independent- Schiene, wo viele Neuheiten zusätzlich den Musikmarkt
1996 überschwemmten. Prodigy, obwohl immer noch als "Techno"-Gruppe
benannt, wechseln in den Independent/Hardcore Bereich, mit nur noch
ansatzweisen technoiden Elementen.
Techno wurde mit einigen negativen Aspekten in Verbindung gebracht,
sei es mit "Kids", "Drogen" oder "Massenwahnsinn".
Das Techno-Kultmagazin "Frontpage" meldet zum Schrecken der ganzen
Techno-Szene 1997 Konkurs an und verschwindet vom Musikmarkt.
1997 zeigt bereits jetzt, das Techno weiterhin bestehen bleibt, nicht
als Massenmusik, sondern als eigenstaendige Kultur!
Es heißt wieder "Back to the Roots" und somit wird Techno wieder zur
Underground Scene und letztendlich wieder übersichtlich, qualitativ
und zukunftsweisend. Sicherlich wird Techno die nächsten Jahre ein
neues Gesicht zeigen, aber genau das zeigt, das Techno seinen eigenen
Weg geht - den richtigen!
Die Massen verschwinden, Techno wird wieder in kleinen Clubs gespielt,
hochwertige Techno-Acts vertreiben den Kommerz der letzten Jahre und
letztendlich bildet sich wieder eine überschaubare Techno-Gemeinde,
die diese Musikrichtung niemals als Modeerscheinung ansah, sondern als
Lebensinhalt, Lebensstil und Überzeugung.
Techno ist tot? Ja! Aber nur für die Massen, denn Todgesagte leben
länger. Es lebe Techno!
(as)
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