Telefon hui, Faxmodem pfui

DAS PROBLEM
"Mein Faxmodem ist nagelneu, aber es will partout nicht faxen!"
CHIP-Leser Wolfgang Wiesnet muß beruflich Serienfaxe verschicken. Weil die unausgereifte Faxsoftware seiner ISDN-Karte Probleme machte, kaufte er sich ein schnelles analoges 56K-Modem nach dem V.90-Standard. Doch das Faxen klappte trotzdem nicht. Als auch die Hotline des Versandhändlers keinen Rat wußte, wandte er sich an CHIP.
MEINE DIAGNOSE
ISDN spielt dem Leser einen Streich, der nicht sofort ersichtlich ist.
Nachdem die Spedition das Modem bei unserem Leser abgeholt und ins Test-Center gebracht hatte, nahm ich das Gerät unter die Lupe. Schnell war es an einen PC und an eine analoge Leitung angeschlossen, und los ging's. Surfen war kein Problem, also war zumindest elektrisch alles in bester Ordnung.
Um dem Faxproblem auf den Grund zu gehen, installierte ich auf dem Testrechner das Programm Winfax Pro und schickte zur Probe ein Fax an die Redaktion in den 3. Stock, wo es ohne Probleme ankam. Auch die Gegenrichtung funktionierte.
Ein Anruf bei Herrn Wiesnet sollte Klärung bringen. Ich versuchte in einem langen Telefongespräch, soviel wie möglich über seine Hard- und Software zu erfahren, um im Test-Center eine möglichst genaue Kopie seiner Bedingungen aufbauen zu können. Doch alle Mühe war umsonst, das Modem lief bei mir unentwegt wie eine Eins.
Doch etwas hatte ich zunächst übersehen: Herr Wiesnet betrieb sein Modem gar nicht an einem analogen Telekom-Anschluß (T-Net), sondern an einem ISDN-Anschluß, und zwar unter Zuhilfenahme der Digital-Analog-Wandler seiner kleinen Telefonanlage. Da erinnerte ich mich daran, selbst vor einigen Jahren ähnliche Schwierigkeiten erlebt zu haben. Die Unfähigkeit des Modems zu faxen zeigte sich damals dadurch, daß bestimmte Nummern nicht zu erreichen waren, ich bekam nur ein Besetztzeichen. Andere Nummern funktionierten jedoch.
Ein erneuter Anruf bei Herrn Wiesnet bestätigte meine Vermutung: Er faxte permanent große Firmen an, die ebenfalls ISDN-Telefonanlagen verwenden.
DIE LÖSUNG
Die ISDN-Dienstekennung muß richtig eingestellt werden.
Herr Wiesnet hatte seine Anlage einfach wie geliefert angeschlossen, nur die Telefonnummern (MSNs) eingegeben und sich die Konfiguration der Wandler gespart. An allen Anschlüssen lief sein Telefon einwandfrei.
Doch der Teufel steckt im Detail: Neben der eigenen und der gewählten Nummer wird bei ISDN eine Dienstekennung übertragen. Telefonanlagen übermitteln, wenn nicht anders konfiguriert, immer »Fernsprechen analog« logisch. Die Vermittlung der Telekom fragt bei der Zielnummer die Kennung ab. Sind beide identisch, wird verbunden: Es klingelt. Sind sie verschieden, erhält ein ISDN-Gerät die Meldung "Dienst nicht möglich", ein analoges nur ein Besetztzeichen.
Die Anlagen von Herrn Wiesnets Partner meldeten ihre Faxgeräte jedoch korrekt als »Fax Gruppe 3«. Herr Wiesnet kam deshalb mit seinem Modem, das ja nach außen ein »Fernsprecher« war, nie durch. Das gleiche Problem kann übrigens auch auftreten, wenn man selbst korrekt, aber der Empfänger fehlerhaft konfiguriert hat. Da das Faxmodem auch eine Modemkomponente hat, sollte Herr Wiesnet die Kennung »Kombigerät« verwenden.
Oliver Kluge