Bridging the GAP - Page 2

BOOEE: photographed by Beverly Setlow


  Ein neues Leben beginnt

Viele Jahre lang lebte der Schimpanse Booee in einem Labor namens LEMSIP im Bundesstaat New York. Sein 'Zuhause' war ein weniger als zwei Meter breiter stählerner Käfig in einem Raum ohne Tageslicht. Booee war mit Hepatitis C infiziert worden, und obwohl er nicht krank war, ging eine Ansteckungsgefahr von ihm aus. Sein Schicksal wäre der Öffentlichkeit unbekannt geblieben, hätte der amerikanische Fernsehproduzent Dean Irwin nicht vom Great Ape Project gehört. Er wandte sich an Peter Singer und Roger Fouts, einen der Autoren des Buches The Great Ape Project. Roger kannte Booee schon lange zuvor - Booee hatte von ihm einst die Zeichensprache erlernt (s.u). Sie fragten sich, ob ein Schimpanse sich über viele Jahre hinweg an jemanden erinnern könnte. Dean Irwin entschloß sich, Roger quer durch die Vereinigten Staaten zu begleiten und sein Wiedersehen mit Booee zu filmen.

Ein Schimpanse erinnert sich

Was dann geschah wurde in den USA in der Sendung 20/20 des ABC und in Australien in der Sendung A Current Affair gesendet, in der auch Peter Singer erschien. Booee erkannte nicht nur Roger, er konnte sich auch an das Zeichen für seinen eigenen Namen sowie einige andere Zeichen erinnern. Booee hatte sogar den Spitznamen, den er selbst einst Roger gegeben hatte, nicht vergessen. Der traurigste Teil des Films war, als Roger gehen und Booee in seinem nackten Käfig zurücklassen mußte.

Kurz nach ihrer Trennung schrieb Roger: „Viele von euch haben vielleicht den am 5. Mai 1995 ausgestrahlten 20/20-Beitrag über mein Wiedersehen mit Booee gesehen. Eigentlich wollte ich dieses Zusammentreffen nicht, und ich verstehe jetzt warum. Booee ist in meinen Träumen. Immer wieder sehe ich ihn vor mir, wie er sich mit einem herzzerreißenden Ausdruck von mir abwendet, als ich ihm sage, daß ich gehen muß. Ich hatte gehofft, er würde mich nicht wiedererkennen und mich lediglich als einen weiteren weißbekittelten Laborbesucher betrachten. Aber Booee erkannte mich sofort; nach 17 Jahren erinnerte er sich an mich, als ob keine Zeit verstrichen wäre. Wir spielten die selben Spiele und unsere Beziehung hatte sich nicht verändert. Er war noch immer der liebevolle kleine Junge, der mich in meinen Anfangsjahren als Wissenschaftler so viel gelehrt hatte. Ich war hin- und hergerissen zwischen der Freude, einen alten geliebten Freund wiederzusehen und dem Schmerz zu wissen, daß ich ihn nach einigen kurzen Stunden wieder verlassen müßte. War es das wert? Ich weiß es nicht. Ich kann nur hoffen, daß die Wirkung auf die Fernsehzuschauer, denen das Schicksal von Schimpansen in Gefangenschaft bewußt wurde, den Schmerz aufwiegen wird, den Booee und ich empfanden, als ich ihm sagte, daß ich gehen müsse.

Vom Werkzeug zum Familienmitglied...

Obwohl Roger mit Booee Zeichensprachstudien durchführte, 'gehörte' Booee einem anderen Labor. Roger hatte nicht verhindern können, daß er weggebracht und für andere, weitaus unheilvollere Experimente benutzt wurde.

Booee wurde in einem biomedizinischen Institut geboren. Die Mitarbeiter wußten nicht, daß seine Mutter schwanger war, so daß Booees Geburt überraschend kam. Er war ein unerwarteter Zuwachs für das Institut, und Pläne, ihn für ein bestimmtes Forschungsvorhaben zu benutzen, gab es nicht. Er war ein 'freier' Schimpanse, ein unerwarteter Bonus. So bestand die Aussicht, daß an ihm 'brandneue' Verfahren ausprobierte wurden, von denen sonst nur in Fachzeitschriften zu lesen ist. Booee machte seinen ersten Fehler, als er ein paar Tage alt war. Er bekam Krämpfe, was einigen der Forscher Anlaß gab anzunehmen, er wäre epileptisch.

Das 'heiße Thema' jener Tage waren 'Gehirnspaltungen', die erst kürzlich zur Linderung von Anfällen schwerer Epilepsie entdeckt worden waren. So wurden Booees Gehirnhälften geteilt, als er gerade ein paar Tage alt war. Diese Operation war verhältnismäßig harmlos. Sie umfaßte das Durchtrennen aller Verbindungen zwischen den beiden Gehirnhälften, wodurch Booee praktisch zwei getrennte Gehirne erhielt. Es traten einige Probleme auf. Booee entwickelte Ödeme, so daß die Chirurgen seinen Schädel erneut öffnen mußten, um den Druck zu verringern. Glücklicherweise hatte Fred Schneider, einer der Ärzte, Mitleid mit dem armen kleinen Schimpansen mit dem bandagierten Kopf, der unter fürchterlichen Schmerzen litt. Er nahm Booee mit nach Hause zu seiner Familie mit sechs Kindern, damit er sich erholte.

Booees neues Zuhause erwies sich als ein Ort, der ihm ein gutes Leben bot. Seine Pflegeeltern genossen seine Anwesenheit, und er wurde mit seiner menschlichen Mutter und seiner neuen Familie sehr vertraut. Als er zehn Monate alt war, fuhr die Familie zum Camping. Sie dachten, sie könnten Booee nicht mitnehmen, und so wurde er mit einem Babysitter zurückgelassen. Doch er war mit den Schneiders so vertraut geworden, daß er in eine Depression fiel, an Lungenentzündung erkrankte und dem Tode nahe war, als die Familie zurückkehrte. Glücklicherweise erholte er sich wieder. Im Alter von 3 Jahren, erkannten seine Pflegeeltern langsam, daß Schimpansensäuglinge menschlichen Babys sehr ähnlich sind. Sie verlangen mütterliche Zuwendung und durchlaufen verschiedene Phasen während sie erwachsen werden. Die Wohnzimmervorhänge wurden zum Beispiel zu Kletterlianen und die Schränke mußten verschlossen werden, um einen neugierigen Schimpansen mit einer Vorliebe für Süßigkeiten davon abzuhalten, die Vorräte zu plündern.

Aber es war Booees, für Schimpansen normales, Territorialverhalten daß ihm eines Tages viel Ärger einbrachte. Wenn ein Fremder auf dem Gehweg am Haus vorbeilief oder ein Hund es wagte, den Hof

» » »


  • Previous Page - Next Page
  • Page 1 - Page 3 - Page 4 - Page 5 - Page 6 - Page 7 - Page 8
  • Zurück zum GAP - Deutsche