- Study, Document, Deepen Discussion
- Shape the EPC Changes
- Protect Legal Goods such as Compatibility, Source Accessibility etc by Separate Laws
Selbst führende "Meinungsbildner" in der EPÜ-Diskussion, etwa das europäische Patentamt, schwanken noch über konkrete Änderungen des EPÜ. Waehrend das EPA im März 1999 eine völlige Streichung der Ausnahmeregeln in Art 52 (2) (2) und (3) forderte (Esslinger, Computerrecht 1/2000, 17), so ist im Amtsblatt vom August d.J. nur noch von einer Streichung der "Computerprogrammausnahmen" die Rede.
Andererseits ist auch gar nicht bekannt, wie weit der Konsens ueber die schleichende Ausweitung des Technikbegriffs innerhalb der Patentämter wirklich geteilt wird - so wurden in den letzten 15 Jahren z.B. zum Thema Artikel 52(2) Softwarepatentierbarkeit alle oft-zitierten Entscheidungen der technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes von einem Vorsitzenden und einer handvoll Beisitzer verabschiedet.
Sofern öffentliche Diskussionen stattfanden, beschränkten diese sich auf den Welt der Patentfachleute. Weder drangen diese Debatten in die Welt der Informatiker vor, noch hatten die Patentfachleute jemals Gelegenheit, sich in die Andersartigkeit der entstehenden Logikalienökonomie hineinzudenken. Die Schlagworte "Linux" und "OpenSource" drangen erst in dem Moment an ihre Ohren, als die Pläne der Patentfachleute bereits feste Formen angenommen hatten.
Während 1997 viele Patentfachleute noch guten Gewissens von einem Konsens ausgehen konnten und deshalb die "auf allen Kanälen" betriebene Arbeit nicht näher in Frage stellen zu müssen glaubten, ist es spätestens heute Zeit, innezuhalten und die Folgen zu studieren.
Nach Erhalt weiteren Datenmaterials sollte das Thema Softwarepatente im Bundestag ebenso wie auch im Europäischen Parlament zur erneuten Debatte gestellt werden.
- Europäer für die Patentschlacht in US+JP rüsten: Stand der Technik systematisch aufarbeiten
- Systematische Meinungsforschung
- Systematische Erforschung der Wirtschaftlichen Auswirkungen
Auch wenn sich Europa, wie wir hoffen, für eine freie informationelle Infrastruktur entscheidet, wird die europäische Softwarebranche sich in den USA und anderen Ländern zumindest einige Jahre lang häufig mit Patentansprüchen auseinandersetzen müssen. Hierbei könnte eine leistungsfähige und vollwertige (d.h. frei zugängliche und weiterverwendbare) öffentliche Datenbank über den Stand der Technik gute Dienste leisten.
Die Softwarepatent-Arbeitsgruppe des FFII liefert regelmäßig Datenträger an die Bayerische Staatsbibliothek, mit denen Entwicklern freier Software geholfen werden soll, im Falle einer Patentklage den Zeitpunkt ihrer Ideen nachzuweisen. Das hilft allerdings nur denjenigen, die genau wissen, für welche Erfindungen sie einen Zeitnachweis brauchen. Ziel muss es sein, den aktuellen und früheren Stand der Technik für alle transparent abfragbar zu machen. Hierzu könnte man ein dezentrales System von Rechnern aufbauen, die sich gegenseitig entweder Plattenplatz oder Geld anbieten. Manches ließe sich sogar kommerziell organisieren.
Ein solches Projekt könnte in einem neuartigen internet-gerechten Verfahren der öffentlichen Ausschreibung entstehen. In dieses Verfahren wären sowohl freie Entwickler als auch Firmen einzubeziehen. Alle abzuliefernden Ergebnisse müssten vollwertige Logikalien sein. Dort, wo sich für einen aufwendigen Projektteil keine Freiwilligen finden, könnten kleine bis mittelgroße Dienstleistungsfirmen nach Ausschreibung einzelne Projektteile übernehmen.
Sinnvoll wäre vermutlich auch eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie, auf der sich interessierte Kreise für oder gegen Softwarepatente aussprechen können (eventuell Neuauflage der unveröffentlichten Umfragen von Bernhard Müller (Computerrecht 1/2000).
Diese Studie sollte sich allerdings nicht nur an 44 Patentrechtsexperten sondern vor allem an die betroffenen Kreise wenden. Die darin gestellten Fragen sollten vielseitiger sein und sich in einem dynamischen Dialog über WWW-Umfrageformulare entwickeln. Einen einsatzbereiten Prototyp eines solchen Systems mitsamt Fragenvorschlägen hat die Softwarepatent-Arbeitsgruppe des FFII bereits entwickelt.
In unserem Positionspapier konnten wir nur einige mögliche Denkwege aufzeigen, aber viele unserer Antworten auf die aufgeworfenen Fragen befinden sich auf dem Niveau von Mutmaßungen.
Es wäre sinnvoll, interessierte Wirtschaftswissenschaftler in die Diskussion einzubeziehen und dabei sowohl die Fragestellungen zu verfeinern als sie durch repräsentative Datenerhebung zu beantworten. Auch hierbei könnte das von uns angeregte internet-gestützte Umfragesystem gute Dienste leisten. Ferner könnten sofort weitere Konferenzen anberaumt werden.
Ferner sollte auch eine ernsthafte Diskussion über mögliche Sui-Generis-Alternativen zum Patentrecht in den Fällen nachgedacht werden, wo besondere Vorrechte auf Iden wirtschaftspolitisch erwünscht sein können, wie etwa bei MPEG. Hierbei ließe sich bei der 1994 in Columbia Law Review begonnenen Diskussion um "Manifesto Concerning the Legal Protection of Computer Programs" ansetzen. Diese Diskussion wurde damals nur deshalb beendet, weil die Patentlobby in Amerika bereits vollendete Tatsachen geschaffen hatte.
Die Empfehlungen der letzten Regierungskonferenz sind nur "Empfehlungen", aber in keiner Weise bindend, und können im November 2000 von der nächsten Regierungskonferenz begründet verworfen werden. Die Bundesregierung sollte ihre Vertreter auf ein Negativvotum zur Änderung von Art 52(2) binden und diese Absicht auch rechtzeitig anderen Mitgliedsstaaten mitteilen.
Gleichzeitig könnte die Bundesregierung die deutsche Patentjustiz wegen ihrer Rechtsbeugung rügen und mit einer unmissverständlichen Richtlinie auf den Kurs zurückverweisen, der nicht nur im Gesetz sondern auch in den Prüfungsrichtlinien bis heute eigentlich schon recht unmissverständlich vorgeschrieben ist:
2.6.2. Dem Patentschutz nicht zugängliche Anmeldungsgegenstände
Ein Anmeldungsgegenstand stellt nur dann im Sinne des § 42 PatG seinem Wesen nach eine Erfindung dar, wenn er in einer Anweisung besteht, Kräfte, Stoffe oder in der Natur vorkommende Energien zur unmittelbaren Herbeiführung eines kausal übersehbaren, wiederholbaren Erfolgs zu benutzen, und wenn dieser Erfolg ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestätigkeit unmittelbare Folge des Einsatzes der Naturkräfte ist.
Erfüllt ein Gegenstand die beschriebenen Voraussetzungen nicht oder handelt es sich um einen der in § 1 Abs. 2 PatG genannten Gegenstände, ist die Anmeldung zu beanstanden.
Hieraus ergibt sich, dass nicht eine Logikalie (Computerprogramm als solches), wohl aber eine programmgestützte Physikalie (z.B. Industrieprozess, MP3-Abspielgerät), die "Kräfte, Stoffe oder in der Natur vorkommende Energien" benutzt, Gegenstand von Patentansprüchen sein kann. Patente sollten nicht verwendet werden, um das Kopieren von Information (und letztlich auch sonstiges nicht-industrielles Duplizieren, wie z.B. die Vermehrung von Leben) zu untersagen.
Die oben angeregten Klärungsdirektiven des BMJu könnten auch als eigenständige Gesetze formuliert werden. Durch ein nationales Gesetz könnten auf diese Weise zumindest verhindert werden, dass die Patentjustiz sich an den Entwicklern freier Software vergreift, wie es die oben zitierten Patentanwälte Esslinger und Betten unter "Softwarepatente und «Open Source»-Bewegung" in Aussicht stellen:
Außerdem erstreckt sich nach §11 PatG die Wirkung des Patents nicht auf Handlunben, die im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken vorgenommen werden, sowie Handlungen zu Versuchszwecken, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen. Der Programmierer, der zu Hause und ohne kommerzielle Absicht ein Programm schriebt, braucht auf eventuellen Patentschutz nicht zu achten. Dies ändert sich jedoch, wenn die Privatsphäre verlassen wird, ein Programm also etwa kostenlos im Internet zum Herunterladen angeboten wird.
Hier könnte der deutsche Gesetzgeber klarstellen, dass das "Anbieten zum Herunterladen" von vollwertigen Logikalien, d.h. Programmen mit einer OpenSource-konformen Lizenz, nicht als "gewerblich" im Sinne des Patentrechts zu betrachten ist. Die Freiheit der Informationsweitergabe soll Vorrang vor den Verwertungsansprüchen der Vermarkter konkurrierender proprietärer Software haben. Eine solche Regelung könnte sogar dann Bestand haben, wenn die Europäische Patentorganisation ihre Reformpläne durchsetzen sollte.
Ferner sollte in Deutschland das Recht auf Kompatibilität, wie es von der oben zitierten EU-Direktive von 1991 im Ansatz vorgesehen ist, Vorrang vor Patentansprüchen erhalten, ebenso wie es bereits heute Vorrang vor aus dem Urheberrecht abgeleiteten Dekompilierungsverboten u.ä. hat. Auch dies wäre mit einem getrennten Gesetz zu klären. Dabei könnte die laufende Gesetzesinitiative einiger französischer Parlamentarier (http://www.osslaw.org/articles.html) zu Rate gezogen werden.
Schließlich könnten Patentämter verpflichtet werden, auf Anfrage verbindliche Auskünfte darüber zu erteilen, ob ein bestimmtes Programm ein Patent verletzt. Dieser Auskunftsdienst sollte zumindest im Falle von Freier Software unentgeltlich geleistet werden, wie Brian Behlendorf, führender Entwickler des weltweit führenden WWW-Servers in Open Sources - Voices from the OpenSource Revolution, O'Reilly, 1999, S.166 begründet:
[The Mozilla Public License] has several provisions protecting both the project as a whole and its developers against patent issues in contributed code. ...
Taking care of the patent issue is a Very Good Thing. There is always the risk that a company could innocently offer code to a project, and then once that code has been implemented thoroughly, try and demand some sort of patent fee for its use. ...
Of course it doesn't block the possibility that someone else owns a patent that would apply; there is no legal instrument that does provide that type of protection. I would actually advocate that this is an appropriate service for the USPTO to perform; they seem to have the authority to declare certain ideas or algorithms as property someone owns, so shouldn't they also be required to do the opposite and certify my submitted code as patent-free, granting me some protection from patent lawsuits? |