Schmidtchen 1999: Zur Patentfähigkeit und Patentwürdigkeit von Computerprogrammen und von programmbezogenen Lehren
beklagt Uneinheitlichkeit der BGH/BPatG-Rechtsprechung und fordert Orientierung an EPA: Die ungeheure Bedeutung, die Computerprogramme und damit programmbezogene Lehren heute für die technische Entwicklung haben, erfordert einfach, daß der Patentschutz für sie zugänglich ist. Es sollten keine weiteren Jahre oder gar Jahrzehnte vergehen, bis auch die Rechtsprechung in Deutschland dieser Tatsache gebührend Rechnung trägt. .. Radenz* sieht in Software-bezogenen Erfindungen einen zukunftsträchtigen Bereich und sagt, daß die gewerblichen Schutzrechte ihre Funktion verfehlen, wenn sie nicht mehr für die Bereiche der Volkswirtschaft zur Verfügung gestellt werden können, in denen die aktuellen und vor allem die zukünftigen Entwicklungen stattfinden. Es scheint also allgemein Einigkeit darüber zu herrschen, daß programmbezogene Lehren zumindestens potentiell patentwürdige Lehren sind. Weiterhin scheint, wie oben ausgeführt, Klarheit darüber zu bestehen, daß es kein gesetzliches Verbot der Patentierung von programmbezogenen Lehren gibt. Die Gesetzeslage erlaubt also, den Erfindungsbegriff so zu fassen oder zu verstehen, wie es die Notwendigkeiten der Realität der technischen Entwicklung erfordern. ... In der Realität haben die 'Computerprogramme als solche' als das Steuermittel des für den technischen Fortschritt wichtigsten technischen Geräts, nämlich des Computers, eine derart wichtig Rolle bei der technischen Entwicklung, daß die Patentwürdigkeit der Gattung außer Frage stehen sollte. ... Die technischen Beschwerdekammern des EPA haben in zwei Entscheidungen67 Anpassungen des Technizitätsbegriffs an die Notwendigkeiten der technischen Entwicklung vorgenommen. ... Wie bereits dargelegt wurde, ist jedwedes Computerprogramm per se technisch. Die Beschwerdekammer 3.5.1 des EPA konnte in den Entscheidungen T1173/97?2 und T935/9773 diese der Realität der Technik entsprechende Auf-fassung nicht zur Begründung der Patentfähigkeit benutzen, da sie daran durch Art. 52 Abs. 2 und 3 EPÜ und die fehlende direkte Wirkung von TRIPS auf das EPÜ gehindert war (Punkte 6.1 bis 6.3 und 6.4, 1. Satz ,It is necessary to look elsewhere for technical character... ? der Begründungen). ... Sollte es z.B. nicht möglich sein, eine speziell für den deutschen Markt entwickelte Spracherkennung zu schützen, so wird das sicherlich auch die Entscheidung, ob eine kostenintensive Entwicklung vorgenommen wird, beeinflussen. Nebenbei bemerkt, die in der Vergangenheit fehlende Möglichkeit des Patentschutzes für Programme und viele programmbezogene Lehren ist nicht unmaßgeblich an der Quasi-Monopolbildung auf gewissen Gebieten der Software, insbesondere der PC-Software beteiligt.'